PO- und PS-Recycling: Heißlaugeverfahren als Game-Changer
14.04.2024 New Paths Sustainability Artikel

PO- und PS-Recycling: Heißlaugeverfahren als Game-Changer

Greiner Packaging, Siegwerk und Krones haben sich zu einer Initiative zusammengeschlossen, die eine Lücke zwischen aktuellen Design-for-Recycling-Richtlinien und den Möglichkeiten modernster Recyclingtechnologien schließen soll. Mit ihrem Heißlaugeverfahren konnten die Partner dabei vielversprechende Ergebnisse erzielen.

Bunte Kunststoffbecher und geschredderte Plastik-Flakes Die Initiative konnte zeigen, dass das Recycling von direkt bedruckten PP- und PS-Bechern keine wirkliche Herausforderung darstellt.

Angetrieben durch das Ziel, den Rezyklatanteil in Kunststoffverpackungen weiter zu steigern, erfährt die Nachfrage nach transparenten und weißen Rezyklaten einen starken Zuwachs. Wie sich eine sichere Versorgung mit diesen ungefärbten Rezyklaten dauerhaft gewährleisten lässt, ist allerdings noch nicht endgültig geklärt. Einige Design-for-Recycling-Leitfäden haben im Zuge dessen ihre Empfehlungen für weiße Polyolefin- (PO) und Polystyrol- (PS) Verpackungen aktualisiert und direkt bedruckte weiße Becher als nicht recycelbar deklariert. „Diese Entscheidung überraschte viele Unternehmen, vor allem, weil die Behauptung nicht auf Daten gestützt wurde“, sagt Dr. Andrey Charkovskiy, Senior Business Partner Recycling and Polymers bei Siegwerk, einem der weltweit führenden Anbieter von Druckfarben und Lacken für Verpackungsanwendungen und Etiketten.

Vor diesem Hintergrund hat sich das Unternehmen mit dem Verpackungshersteller Greiner Packaging zusammengetan, um Daten zu diesem Thema zu sammeln und die Herausforderung direkt anzugehen. „Krones, in der Branche als einer der Marktführer für die Bereitstellung von Heißwaschanlagen sowohl für PET- als auch PO-Recycler anerkannt, hatte bereits in der Vergangenheit mit uns bei mehreren Deinking-Tests in ihren state-of-the-art industriellen Pilotwaschanlagen zusammengearbeitet. Daher war es eine klare Entscheidung, sie in dieses Projekt einzubeziehen“, erklärt Dr. Andrey Charkovskiy.

 

Anpassung von bestehenden Recyclingtechnologien

Das Hauptziel der Initiative bestand darin, die Diskrepanz zwischen den Design-for-Recycling-Richtlinien und den tatsächlichen Recyclingprozessen nach dem Stand der Technik aufzuzeigen, insbesondere in Bezug auf Druckfarben. Denn bisher hat laut Charkovskiy keine Richtlinie die entscheidende Rolle des Deinkings in der Kreislaufwirtschaft von Verpackungen anerkannt, obwohl die Recyclingindustrie diesen Prozess bereits vorantreibt. „Diese Fehlausrichtung ist ein erhebliches Problem, da sie dazu führen könnte, dass die Wertschöpfungskette erhebliche Ressourcen in ineffektive Lösungen investiert, was letztendlich die Nachhaltigkeitsbemühungen untergräbt“, betont der Experte von Siegwerk.

Für die drei Partner stand schnell fest, dass das Heißlaugewaschverfahren mit einer Anpassung an Polyolefine eine ideale Lösung für dieses Problem bieten kann. „Dieses Verfahren wird traditionell beim PET-Flaschenrecycling eingesetzt und zunehmend von PO- und PS-Recyclern übernommen“, so Jörg Sabo, Global Director Marketing & Innovation bei Greiner. Verschiedene Maschinenhersteller bieten unterschiedliche Designs dieser Linien an, mit Anpassungen, die darauf abzielen, die effektivste Reinigung zu erreichen. 

 

Partner fordern Anpassung der Richtlinien

Die Initiative konnte zeigen, dass das Recycling von direkt bedruckten PP- und PS-Bechern keine wirkliche Herausforderung darstellt, wenn modernsten Anlagen verwendet werden. „Zu unserer Überraschung mussten wir weder die Waschbedingungen noch die Struktur der Druckfarben ändern“, sagt Dr. Andrey Charkovskiy. Das Material wurde zunächst im Labor gemäß DIN SPEC 91496 getestet. Hierbei konnte gezeigt werden, dass die Druckfarben ohne jegliches Bleeding im Labor entfernt werden.

„Diese ermutigenden Ergebnisse führten zur nächsten Phase der Validierung dieser Erkenntnisse unter industriellen Bedingungen bei Krones“, meint Jörg Sabo, Global Director Marketing & Innovation bei Greiner und ergänzt: „Das kontinuierliche Heißwaschverfahren stellte sich auch hier als äußerst effektiv bei der Entfernung der Standard-Offset-Druckfarben heraus. Diese Ergebnisse zeigen, dass die Deinkbarkeit möglich ist, ohne dass von den Standardwaschbedingungen abgewichen werden musste.“ Diese Recyclingtechnologie lasse sich auch auf andere Kunststoffe ausweiten. Dazu müssen laut Sabo aber noch weitere Versuche gefahren werden.

Die meisten Verpackungssegmente benötigen Rezyklate, die nicht nur transparent oder weiß sind, sondern auch gründlich dekontaminiert – frei von Druckfarben, Klebstoffen, Beschichtungen und Resten des Inhalts. Unter diesen Bedingungen kann sich das Heißlaugeverfahren nach Auffassung der Projektbeteiligten als wichtige Säule der Kreislaufwirtschaft für PP und PS-Becher etablieren.
Hierfür müssen die entsprechenden Gesetze und Richtlinien aber entsprechend angepasst werden, betonten Charkovskiy und Sabo. Denn die aktuellen Design-für-Recycling-Richtlinien gehen davon aus, dass das Post-Consumer-Abfallmaterial nur mit Wasser bei Raumtemperatur gewaschen wird. „Mit der zunehmenden Kapazität für Heißwäschen muss jedoch die Möglichkeit des Deinkings in Betracht gezogen werden. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis dies offensichtlich wird, und wir setzen uns dafür ein, dass diese Erkenntnis so schnell wie möglich eintritt“, so Charkovskiy.