Unverpackt-Philosophie für Vertrieb von Naturkosmetik
24.03.2023 Start-ups Sustainability Retail Artikel

Unverpackt-Philosophie für Vertrieb von Naturkosmetik

Nachhaltiger und bewusster Konsum, ohne das Gefühl von Verzicht: Das Start-up WITHOUTme bietet nachfüllbare Naturkosmetik, braucht für den Vertrieb aber Drogeriemärkte und Lebensmitteleinzelhändler als Kooperationspartner.

Das Start-up WITHOUT.me bietet nachfüllbare Pflegeprodukte. Das Start-up WITHOUT.me bietet nachfüllbare Pflegeprodukte

Herbal Dream ist ein 2in1-Gel für Haar- und Körperpflege, ohne Silikone, Parabene und Mikroplastik. Das Produkt ist umweltverträglich, die Verpackungslösung sollte es auch sein – deshalb setzt WITHOUTme auf ein Angebot, das der Philosophie der Unverpacktläden folgt: Das Produkt wird beim Erstkauf in eine Edelstahlflasche abgefüllt, die immer wieder verwendet und neu nachgefüllt werden kann.

Aktuell wird eine Flasche für eine Füllung von 340 Gramm angeboten und eine kleinere Variante für eine 220-Gramm-Füllung. Die befüllte Flasche kostet den Konsumenten beim ersten Kauf rund 25 Euro, wobei das Gel 10 Euro kostet und die Edelstahlflasche 15 Euro. Das ist kein Discounter-Preis, ist sich Start-up-Gründerin Steffanie Rainer bewusst: „Mit WITHOUTme haben wir natürlich ein Premiumprodukt im oberen Preissegment des LEH. Je nach Markenpartner und Markenpreisstruktur kann das Material der Flasche variieren.“ Die wiederverwendbare Flasche könne auch günstiger angeboten werden, denkbar seien Monomaterial-Kunststoffe, Glas oder Aluminium. Auch eine Pfandlösung sei möglich.

Wiederbefüllung im Einzelhandel

Rainer hat ihr Unternehmen 2021 aus der Elternzeit heraus gegründet. Sie hatte die Vision, eine unkomplizierte Wiederbefüllung im Einzelhandel zu ermöglichen und so den Konsumenten die Entscheidung für ein nachhaltigeres Produkt einfacher zu machen. Der Grundstein war dann die Entwicklung eines ganz auf den Kunden ausgerichteten Nachfüllautomaten, dessen Rückgrat wiederum ein etabliertes Edelstahl-Mehrwegfass-System aus der Getränkeindustrie ist.

Die Start-up-Gründerin stellte ihr Konzept im August 2022 in der Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“ vor. Ziel war, 100.000 Euro im Tausch für 15 Prozent ihrer Firmenanteile zu bekommen. Doch aus der Investorenrunde biss keiner an, die Vertriebsproblematik schien den potenziellen Geldgebern zu groß.

Das ist wohl die größte Hürde: Das Vertriebskonzept steht und fällt mit der Kooperationsbereitschaft der Händler. Eine Station mit einem Refill-Automaten ist circa einen Meter breit und 60 Zentimeter tief, besetzt einen sogenannten Gondelplatz im Handel, kann aber auch frei stehen. Zum Betrieb wird Strom und WLan benötigt. Kunden können hier ihre Flaschen abfüllen, der Automat gibt dann einen Bon mit Barcode aus, mit dem die Auffüllung an der Kasse bezahlt wird.

Fünf Nachfüllstationen und ein Web-Shop

Aktuell gibt es Nachfüllstationen, zusätzlich ist Online-Versand möglich. Die online bestellbaren Nachfüllbeutel für 340 Gramm sind aus dem Monomaterial Polypropylen und zu 100 Prozent recyclebar.

Doch noch schlägt stationär online: „Die Leichtigkeit, die Zugänglichkeit im Alltag und die Zero-Waste-Lösung durchs stationäre Nachfüllen werden von den Konsumierenden als Vorteil wahrgenommen“, sagt die Gründerin – die Nachfüllfrequenz an den Stationen sei höher als im Onlineshop.

Hier setzt Steffanie Rainer an: Aktuell ist die Gründerin im Gespräch mit großen Handels- und Drogerieketten, um die Vision der kreislauffähigen Verpackung in der Praxis flächendeckend möglich zu machen. Gerade im Hinblick auf Nachhaltigkeit sieht sie gute Chancen: „Unsere vollautomatische Lösung und unser Remote Service ist gerade für Märkte attraktiv, in denen viel Betrieb herrscht.“

Und wie kommt die Ware zu den Händlern? „Bei der Logistik hängen wir uns an die vorhandenen Strukturen des Großhandels“, erklärt Rainer. „Über die Zentrallager werden Nachfüllfässer geliefert. Auch eine logistische Abwicklung von einzelnen Mehrwegflaschen würde diesen Weg nehmen.“

Der Beginn eines systemischen Wandels

Geht es nach der jungen Unternehmensgründerin, dann ist der Automat für das Haut- und Haarpflegeprodukt nur der Anfang eines großen systemischen Verpackungswandels: „Wir wollen die zirkuläre Nutzung nicht nur auf unser eigenes Produkt beschränken, sondern für alle zugänglich machen.“ So würde ein modulares Konzept entwickelt, das jedem Hersteller die Möglichkeit biete, individuelle Verpackungen praktisch im Kreislauf zu führen. „Wir stehen kurz davor, den ersten Piloten zu starten. Die Refill-Stationen sind unsere Basis und unser erster Proof of Concept“, sagt Rainer. Der Spin-Off wird auf www.WeAreReo.com vorgestellt.