Welche Auswirkungen haben die anhaltenden Preissteigerungen auf das Thema Nachhaltigkeit?
Auch wenn Bio-Produkte aktuell etwas weniger nachgefragt werden, bleibt Nachhaltigkeit ein wichtiges Thema für die Konsumentinnen und Konsumenten in Deutschland. Mehr als 70 Prozent halten den Klimawandel für ein ernstzunehmendes Problem. Die Sorge um den Klimawandel steht nach der Sorge vor Inflation an vorderster Stelle. Das ist bemerkenswert, denn bei der Frage nach den größten Problemen in Deutschland konnten die Befragten unter 26 Antworten auswählen.
Der Schutz der Umwelt ist den Menschen nach unseren Umfrageergebnissen auch wichtiger als Fitness und Gesundheit. 65 Prozent der Deutschen erwarten umweltfreundliches Handeln von Unternehmen, indem diese beispielsweise nachhaltige Materialien verwenden.
Nachhaltigkeit bleibt also Mega-Trend. Hat sich etwas dennoch verändert?
60 Prozent möchten weiterhin nachhaltig einkaufen. Allerdings kaufen mehr Menschen als bisher im Discounter ein. Dort greifen sie vermehrt zu Eigenmarken. Die Markenhersteller haben also ein starkes Konkurrenzumfeld. Sie müssen Nachhaltigkeit glaubhaft als Mehrwert entwickeln und präsentieren, um sich abheben zu können. Mit innovativen Verpackungen, die nachhaltig, aber auch funktional sind, kann dies gelingen. Auch die soziale Komponente spielt beim Einkauf eine immer größere Rolle. Teilt die Marke mein Wertesystem? Werden ethische Standards bei der Produktion eingehalten? Immer mehr Discounter und Eigenmarken reagieren auf diese Nachfrage und informieren über Produktherkunft und Lieferwege. So zum Beispiel Aldi und Lidl mit der Tierwohl-Kennzeichnung – das kommt bei den Konsumenten an.
Bisher gab es parallele Trends wie den Trend zur Individualisierung (Losgröße 1) und den zur Nachhaltigkeit. Passt dies noch zusammen?
Es kommt auf die Zielgruppe an. Es gibt beispielsweise aufgrund des demografischen Faktors immer mehr kleine Haushalte. Daher können kleine Verpackungen vor Lebensmittelverschwendung schützen und damit nachhaltig sein. Die Bedeutung von maßgeschneiderten Produkten hat im Laufe der letzten Jahre zwar abgenommen, spielt aber immer noch eine Rolle. Das steht etwas im Widerspruch zu dem Wunsch nach dem „einfachen Einkauf“. Keiner möchte sich im Supermarkt zwischen 50 verschiedenen Joghurts entscheiden müssen. Kurzum: Ja, individuelle Lösungen können nachhaltig sein, es darf aber nicht zu kompliziert werden.
Ein Beispiel, wie mithilfe von Digitalisierung Individualisierung und Nachhaltigkeit harmonieren können, bietet die Kosmetikbranche. Es gibt Apps mit denen der individuelle Hauttyp ermittelt werden kann, sodass die Wahl des richtigen Kosmetikprodukts leichter erfolgen kann und Fehlkäufe und Verschwendungen vermieden werden können.
Immer mehr Hersteller stellen Verpackungen von Kunststoff auf Papier um. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Bei Lebensmitteln gibt es eine hohe Akzeptanz gegenüber Papierverpackungen oder nachhaltig anmutenden Verpackungen. Nachfüllverpackungen sind im Konsumgüterbereich besonders gefragt. Und es gibt davon ja immer mehr. Und nachhaltige Verpackungen sind zunehmend auch im Bereich Non Food gefragt.
Recycling ist in der Fachwelt in aller Munde. Ist das auch bei Verbrauchern der Fall?
Petra Süptitz ist seit 2017 bei GfK, dem größten deutschen Marktforschungsinstitut und berät ihre Kunden zu Konsumententrends. Dabei ist Nachhaltigkeit eines ihrer aktuellen Fokusthemen. Davor war die Wirtschaftswissenschaftlerin beim Lebensmittelunternehmen Bahlsen im Marketing beschäftigt.