• 01.11.2025
  • Länder-/Marktbericht

Großbritanniens Verpackungsmarkt im Umbruch

Nach dem Brexit hat die britische Verpackungsindustrie ihren Kurs neu justiert. Zwischen Handelsbarrieren, Nachhaltigkeitszielen und wachsendem E-Commerce zeigt sich ein Markt, der trotz Unsicherheiten weiter an Stärke gewinnt.
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Der britische Verpackungsmarkt befindet sich im Wandel – geprägt von Post-Brexit-Regulierung, Nachhaltigkeitszielen und wachsendem E-Commerce.

Die Verpackungsindustrie des Vereinigten Königreichs steht 2025 an einem Wendepunkt. Zwischen post-Brexit-Bürokratie, verschärften Umweltvorgaben und hohem Kostendruck hat sich ein Markt herausgebildet, der zugleich robust und hochgradig anpassungsfähig ist. Während traditionelle Materialien wie Kunststoff ihre dominante Rolle behaupten, drängen Papier, Aluminium und biobasierte Alternativen zunehmend in den Vordergrund.

Nach aktuellen Analysen von Mordor Intelligence erreichte der britische Verpackungsmarkt 2025 ein Volumen von 60,94 Milliarden US-Dollar – und soll bis 2030 auf 68,18 Milliarden US-Dollar wachsen. Das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 2,27 %. Wachstumstreiber sind die anhaltende E-Commerce-Dynamik, Innovationen in Recyclingtechnologien sowie strukturelle Veränderungen entlang der Wertschöpfungskette.

Das geografische Gefälle innerhalb Großbritanniens bleibt ausgeprägt: Rund 84 % der Verpackungsnachfrage konzentrieren sich auf England, wo sowohl Bevölkerung als auch industrielle Infrastruktur dominieren.

 

Kunststoff bleibt Leitmaterial 

Mit einem Marktanteil von 48,5 % blieb Kunststoff 2024 das wichtigste Verpackungsmaterial des Landes. PET, PE und PP dominieren nach wie vor in den Bereichen Lebensmittel, Getränke, Kosmetik und Haushaltsprodukte. 

Dennoch mehren sich die Signale einer strukturellen Verschiebung. Treiber dieser Entwicklung ist die Plastic Packaging Tax (PPT), die seit 2024 200 Pfund pro Tonne Kunststoff ohne mindestens 30 % Rezyklatanteil vorsieht. Dadurch stieg die Nachfrage nach Sekundärrohstoffen um rund 35 %. Parallel dazu wurde die Extended Producer Responsibility (EPR) eingeführt, die Hersteller stärker in die Verantwortung für Sammlung und Verwertung ihrer Verpackungen nimmt.

Das Resultat: Die Bedeutung von Papier und biobasierten Materialien wächst rasant – mit einer prognostizierten jährlichen Wachstumsrate von 4,9 % bis 2030.

Flexibilität ist Trumpf – sowohl im physischen als auch im wirtschaftlichen Sinn. Flexible Verpackungen machten 2024 bereits 54,9 % des britischen Verpackungsmarkts aus und verzeichnen bis 2030 ein durchschnittliches Wachstum von 3,75 %.

Besonders Standbodenbeutel haben sich in Segmenten wie Tiernahrung, Babynahrung oder Haushaltsreinigern etabliert. Sie kombinieren Wiederverschließbarkeit, ansprechendes Design und Funktionalität, während digitale Druckverfahren die Produktion von Kleinserien und saisonalen Editionen erleichtern.

Auch im E-Commerce wächst die Relevanz flexibler Lösungen: 2024 stieg der Anteil des Onlinehandels auf 31,3 % des nationalen Umsatzes, was den Bedarf an leichten, robusten und platzsparenden Verpackungen massiv erhöht hat.

 

Metall, Glas und Biopolymere: Nachhaltigkeit trifft Markenimage

Neben Kunststoff und Papier erleben auch Metall und Glas eine Renaissance – insbesondere im Premium- und Getränkesegment. Aluminiumdosen verzeichnen ein Wachstum von 4,1 % pro Jahr, angetrieben durch Craft-Brauereien und Getränkehersteller, die auf die Kombination aus geringem Gewicht, hoher Recyclingquote und schneller Kühlung setzen. Glasverpackungen legen jährlich um 3,2 % zu, gestützt durch den hohen Stellenwert von Markenherstellern, die zunehmend auf leichtere Flaschen und elektrische Schmelzöfen umstellen.

Gleichzeitig gewinnen Biopolymere und kompostierbare Folien an Bedeutung. Ihr Einsatz ist zwar noch auf Nischenanwendungen beschränkt, doch dort, wo Kompostierbarkeit ein zentrales Kaufargument ist – etwa im Biosegment oder in der Frischelogistik –, lassen sich höhere Margen erzielen.

 

Energiepreise, Inflation und Effizienzdruck

Die Preisentwicklung der letzten zwei Jahre hat den Markt spürbar belastet. Polyethylen verteuerte sich 2024 um 22 %, Recyclingpapier um 18 %, und Energiepreise blieben volatil. Unternehmen wie Mondi UK berichten von Margenrückgängen um über 3 Prozentpunkte.

Viele Hersteller reagierten mit Produktionsdrosselungen während teurer Stromspitzen, der Erhöhung von Sicherheitsbeständen und einer stärkeren Fokussierung auf energieeffiziente Extrusionstechnologien. Dennoch bleibt die Wettbewerbsfähigkeit britischer Konverter unter Druck – insbesondere gegenüber kontinentaleuropäischen Produzenten mit stabileren Energiekostenstrukturen.

 

Fortschritte im Recycling und Kreislaufdenken

Trotz der Herausforderungen kann Großbritannien im Bereich Recycling beachtliche Fortschritte vorweisen: Die gesamt Verpackungsrecyclingquote erreichte 2023 65 %, jene für Kunststoffverpackungen 52,5 % – beides Rekordwerte. Die regulatorischen Instrumente PPT und EPR haben somit nicht nur administrative Wirkung entfaltet, sondern echte Marktimpulse gesetzt.

Parallel dazu fördern zahlreiche Initiativen den Ausbau der nationalen Recyclingkapazitäten, um Abhängigkeiten von Importen zu verringern. 2023 wurden 1,32 Millionen Tonnen Kunststoffverpackungen importiert, während 1,64 Millionen Tonnen im Inland produziert wurden – ein klares Signal für die zunehmende Reindustrialisierung der Wertschöpfungskette.

 

Autor: Alexander Stark, Redakteur FACHPACK360°