- 27.09.2025
- Länder-/Marktbericht
- Look into Europe
Verpackung in Frankreich: Minusjahr und vorsichtiger Optimismus
Frankreichs Verpackungsindustrie steckt nach dem Minusjahr 2024 in einer Phase der Konsolidierung. Zwischen Konsumflaute, geopolitischen Risiken und neuen EU-Vorgaben entscheidet sich nun, wie schnell Hersteller in Kreislaufmodelle und recyclingfähige Materialien investieren – und ob sie die Transformation als Chance nutzen können.

Frankreich ist neben Deutschland, Italien und Spanien einer der größten Verpackungsmärkte Europas. Getragen wird er vor allem von der Lebensmittel- und Getränkeindustrie sowie von exportorientierten Premiumsegmenten wie Kosmetik, Parfümerie und Wein. Gerade diese Sektoren waren 2024 allerdings von einer allgemeinen Konsumzurückhaltung und unsicheren Exportperspektiven betroffen. Das wirket sich spürbar auf die Verpackungsnachfrage aus.
Die französische Verpackungsindustrie hat das Jahr 2024 mit einem deutlichen Minus abgeschlossen. Nach Berechnungen von AS Études auf der Grundlage von Daten des Nationalen Instituts für Statistik und Wirtschaftsstudien (INSEE) schrumpfte der Markt um rund vier Prozent gegenüber dem Vorjahr, berichtet Usine Nouvell. Noch im Sommer war von einem Einbruch zwischen acht und zehn Prozent ausgegangen worden – ein Szenario, das sich letztlich nicht bestätigte. Dennoch zeigt sich: Nach den turbulenten Jahren mit pandemiebedingten Sondereffekten, Lieferkettenproblemen und hoher Inflation befindet sich die Branche in einer Phase der Konsolidierung.
Haupttreiber des Rückgangs waren die Kaufzurückhaltung der Verbraucher infolge gestiegener Preise sowie der Abbau von Lagerbeständen. Viele Unternehmen hatten sich bereits 2022 mit Papier, Karton, Holz oder Kunststoffen eingedeckt, um drohende Engpässe abzufedern. Diese Bestände wurden 2023 und 2024 schrittweise aufgebraucht, wodurch die laufende Nachfrage nach Verpackungen deutlich geringer ausfiel.
Hinzu kamen politische und gesellschaftliche Unsicherheiten: der Krieg in der Ukraine, der Nahostkonflikt sowie innenpolitische Spannungen in Frankreich selbst. Sie dämpften sowohl Investitionsbereitschaft als auch Konsum. Auch regulatorische Faktoren spielten eine Rolle. Mit der Ende 2024 verabschiedeten europäischen Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle (PPWR) stehen die Hersteller vor neuen Pflichten in Bezug auf Recyclingfähigkeit, Mehrwegquoten und Materialreduktion. Viele Unternehmen warten derzeit ab, wie sich diese Vorgaben konkret auf ihre Investitionsstrategien auswirken.
Materialarten entwickeln sich unterschiedlich
Die Entwicklung in den einzelnen Verpackungssegmenten verlief unterschiedlich. Während Karton, Wellpappe und Holzverpackungen teils deutliche Rückgänge verzeichneten, konnten Glasverpackungen und Metallfässer leicht zulegen. Besonders stark unter Druck standen Leichtmetallverpackungen wie Dosen, die um mehr als 13 Prozent einbrachen. Kunststoffverpackungen hielten sich mit einem Minus von gut zwei Prozent vergleichsweise stabil, und Verpackungspapier legte sogar leicht zu.
Der Bereich der Verpackungsmaschinen zeigte sich robust und schloss mit einem Plus von knapp einem Prozent ab – ein Hinweis darauf, dass Investitionen in moderne Technik trotz Nachfrageflaute nicht auf Eis gelegt werden.
Für 2025 sind die Erwartungen verhalten optimistisch. Eine sinkende Inflation und steigende Reallöhne könnten die Binnennachfrage wieder stärken.
Verpackungsrecycling in Frankreich
Durch die Vereinfachung der Sortierschritte (Geste de tri) ist es laut Citeo inzwischen 98 % der Bevölkerung in Frankreich möglich, Verpackungen und Papier zu trennen. Citeo organisiert und finanziert in Frankreich das Sammeln, Sortieren, Wiederverwenden und Recyceln von Verpackungen und grafischen Papieren im öffentlichen Auftrag. Das Unternehmen berichtet, dass im Jahresdurchschnitt 2023 72 Kilogramm pro Kopf getrennt gesammelt wurden: davon etwa 58 kg Verpackungen und 14 kg grafische Papiere. Die konkreten Mengen variieren aber stark je nach Region und Gebiet.
Der Recyclinganteil aller Haushaltsverpackungen liegt aktuell bei etwa 67 %. Insgesamt sind rund 4 Millionen Tonnen Verpackungsmaterial recycelt worden, wodurch etwa 2,3 Millionen Tonnen CO₂-Emissionen vermieden wurden. Bei den Materialien zeigen sich deutliche Unterschiede: Stahl und Glas erreichen Recyclingraten von circa 86 %, Papier-Karton liegt bei etwa 69 %, Aluminium bei 37 % und Kunststoffe deutlich darunter bei etwa 27 %. Knapp die Hälfte aller Kunststoffverpackungen wird in der französischen Agrar- und Lebensmittelindustrie eingesetzt. Dieser Bereich ist damit der wichtigste Abnehmer und zugleich besonders stark von regulatorischem Druck betroffen.
Den Zuwachs der recycelten Verpackungsmengen gegenüber dem Vorjahr um ca. 3 % erklärt Citeo mit besonders guten Markt- und Sortierleistungen bei Papier-Karton sowie durch eine um 15 % höhere Menge recycelter Kunststoffe – begünstigt durch die fast vollständige Umsetzung der vereinfachten Sortierregelung und den Ausbau der Kunststoff-Recyclinginfrastruktur.
Die französische Verpackungsindustrie steht nach einem schwierigen Jahr vor der Herausforderung, Investitionen in nachhaltige Materialien und Recyclingfähigkeit nicht länger aufzuschieben. Ob die nächsten Jahre den erhofften Aufschwung bringen, hängt maßgeblich von Konsumimpulsen und den konkreten Auswirkungen der neuen EU-Vorgaben ab.
Autor: Alexander Stark