Was hat Sie dazu bewogen, die Stelle als Geschäftsführerin des Deutschen Verpackungsinstituts zu übernehmen?
Das dvi als Netzwerk der Verpackungswirtschaft übernimmt eine wichtige Position mit einer bedeutungsvollen Aufgabe in einer faszinierenden Branche mit sehr spannenden und für uns alle grundlegenden Produkten. Die Vorstellung, mich hier einbringen und etwas bewegen zu können, hat mich sofort gereizt.
Ich habe zuvor als Beraterin über viele Jahre an Strategie- und Organisationsentwicklungsprozessen gearbeitet. Eine zentrale Erkenntnis dabei war, wie entscheidend es ist, über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg zu denken und zu handeln. Genau das lebt das dvi, das als einziges Netzwerk der Branche Unternehmen aus der gesamten Wertschöpfungskette vereint. Ich bin fest davon überzeugt, dass Netzwerke wie das dvi heute mehr denn je gebraucht werden, um gemeinsam die Zukunftsthemen zu gestalten.
Auch die Branche und ihre Produkte finde ich hochspannend. Die Verpackung wird in der öffentlichen Wahrnehmung nicht nur oft einseitig und falsch beurteilt, sondern meist auch massiv unterschätzt. Unsere Branche hat nicht nur viele hochinnovative Unternehmen und „Hidden Champions“, ihre Produkte sind auch „Hidden Champions“. Jeder und jede von uns ist mehrfach am Tag auf Verpackungen angewiesen.
Darüber hinaus ist die Verpackungswirtschaft als sechstgrößte Branche bedeutend für den Wirtschaftsstandort Deutschland und spielt auch international eine führende Rolle gerade mit Blick auf die Vereinbarkeit von Ökonomie und Ökologie. Da ich einen Nachhaltigkeits-Background habe, hat mich auch das von Anfang an stark angesprochen.
Welche Erfahrungen bringen Sie mit, die der Verpackungsbranche dienen?
Gerade für die Verpackungswirtschaft gilt, dass erfolgreiches unternehmerisches Arbeiten Teamwork ist, die die gesamte Wertschöpfungskette einbeziehen muss. In dem Bereich kann ich ein gutes Maß an Expertise einbringen. Durch meinen Background in der Mediation und in der Projektleitung habe ich außerdem den großen Wert offener und klarer Kommunikation kennengelernt. Und ich habe gelernt, unterschiedliche Perspektiven zuzulassen. Gerade bei der sehr vielfältigen und auch heterogenen Verpackungswirtschaft ist das Multiperspektivische unverzichtbar.
Ein echtes persönliches Anliegen und ein wichtiger Aspekt meiner bisherigen beruflichen Tätigkeit war immer auch das Brückenbauen und Menschen miteinander vernetzen. Das passt ebenfalls perfekt zum Profil des dvi und seiner Aufgabenstellung für die Branche. Meine Ausbildung im Bereich Public Policy hat mich zudem frühzeitig an die Schnittstelle von Wirtschaft, Politik und Recht geführt.
Nicht zuletzt will ich meine Erfahrungen im Nachhaltigkeitsbereich einbringen. Hier steht unsere Branche stark im Fokus und ist als Pionierin der Kreislaufwirtschaft gefordert. Auch wenn ich zuvor nicht direkt für Verpackungshersteller tätig war, habe ich mich als Leitung des Kompetenzteams Nachhaltigkeit in einem Beratungsunternehmen mit Themen wie Regulatorik, Carbon Footprint oder Kreislaufwirtschaft intensiv auseinandergesetzt.
Wo sehen Sie Ihre Schwerpunkte in den nächsten zwei Jahren?
Zentrale Handlungsfelder für unsere Arbeit werden sicherlich die Nachwuchsarbeit und die Stärkung der Kompetenzen in unserer Branche sein, das Image der Verpackung in der Öffentlichkeit und nicht zuletzt die Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Was die Stärkung der Kompetenzen unserer Branche angeht, haben wir mit den Seminaren und Workshops der Verpackungsakademie seit vielen Jahren ein hochwertiges Angebot. Das wollen wir weiter ausbauen. Seit kurzem bieten wir über eine Kooperation mit der Packaging School der Clemson University in den USA zudem elf Grundlagenmodule als Web-Based-Training. Wer dann die Prüfung absolviert, erhält das „Certificate of Packaging Science“ als Abschlusszertifikat. Vor allem für Quereinsteigerinnen und -einsteiger in die Verpackungsbranche ist das ein hervorragendes Angebot.
Ausbauen wollen wir auch unsere Arbeit im Bereich Nachwuchs- und Fachkräftegewinnung. Mit dem Student Day, der kostenfreien Teilnahme für Studierende an der Dresdner Verpackungstagung, einer eigenen Nachwuchskategorie beim Deutschen Verpackungspreis und PackVision als Kooperationsprojekt von Unternehmen und Hochschulen haben wir bereits eine gute Grundlage. Den Student Day führen wir dieses Jahr wieder in Kooperation mit der FACHPACK durch. Wir laden Unternehmen ein, gemeinsam mit den Studierenden auf der FACHPACK2025 Workshops durchzuführen.
Außerdem wird es wieder ein Speed-Dating geben, bei dem sich die teilnehmenden Unternehmen als attraktive Arbeitgeber präsentieren und frühzeitig Kontakte knüpfen können. Abgesehen von diesen bereits etablierten Initiativen wollen wir unsere Aktivitäten für Schüler ausbauen. Wenn es der Branche gelingt, die jungen Leute noch vor der Wahl ihres Studiums oder ihrer Ausbildung zu interessieren, wäre das ein bedeutender Schritt.
Sie wollen das Image der Verpackung ausbauen? Wie?
Wir müssen als Branche den gesellschaftlichen Wert und die unverzichtbaren Leistungen der Verpackung viel stärker in den Blick rücken. Verpackung schützt, informiert, ermöglicht Transport und ist ein zentraler Hebel für mehr Nachhaltigkeit. Verpackung ist kein Problem, sondern Teil der Lösung. Sie bietet Raum für Kreativität, Technologie, Nachhaltigkeit und unternehmerisches Denken, ist Hightech, Kreislaufwirtschaft, Gestaltungsspielraum und unverzichtbar für die Versorgung von Menschen, Unternehmen und zum Schutz der Umwelt. Das ist ein attraktives Paket. Je positiver das Bild der Verpackung und der Branche in der Öffentlichkeit ist, umso erfolgreicher können wir arbeiten und agieren.
Was die Zusammenarbeit in der Wertschöpfungskette und über alle Materialien hinweg angeht, ist offensichtlich, dass gerade eine so vielfältige Branche wie die Verpackungswirtschaft einen Tisch braucht, an dem alle zusammensitzen, sich austauschen und an Lösungen arbeiten. Das war schon für die Gründung des dvi vor 35 Jahren ein grundlegender Gedanke. Diese Notwendigkeit ist heute größer denn je. Wir bilden das über unsere bekannten Veranstaltungen, aber auch über die zahlreichen Expertenforen, in denen wir die Stakeholder zusammenbringen, ab. Der Reichtum an Themen, Materialien, Produkten und Dienstleistungen unserer Branche führt noch zu oft dazu, dass nicht immer an einem Strang gezogen wird. Hier stärker mit einer gemeinsamen Stimme für die Verpackung zu sprechen, ist dem dvi und auch mir persönlich ein großes und wichtiges Anliegen.
Vorfreude auf die FACHPACK2025
Was erwarten Sie von Ihrer ersten FACHPACK?
Die FACHPACK ist Premiumpartner des dvi und ich hatte schon Gelegenheit, einen guten Teil des Teams kennen- und schätzen zu lernen. Für mich wird es die erste FACHPACK und die Vorfreude ist groß. Es ist das Fachmesseevent 2025 und bietet eine einzigartige Gelegenheit, die großen und kleineren Player der Wertschöpfungskette zu treffen und noch mehr konkrete Einblicke in das immense Leistungsspektrum der Branche zu gewinnen.
In den Jahren der Pandemie wurde viel über das Ende der Fachmessen spekuliert. Inzwischen zeigt sich, dass der persönliche Austausch noch immer der wichtigste Faktor ist und der digitale Raum bei allen Vorzügen, die er mit sich bringt, ein direktes Gespräch von Angesicht zu Angesicht nicht ersetzen kann.
Natürlich wird auch das dvi vor Ort präsent sein, nicht nur mit dem Student Day, sondern auch mit einem eigenen Stand, mit der feierlichen Verleihung der Deutschen Verpackungspreise und der Verkündigung der Gold-Awards sowie im Rahmen der PACKBOX. Von daher: Ich erwarte mir viel von der FACHPACK und bin sicher, dass meine Erwartungen nicht enttäuscht werden.
Zur Person: Natalie Brandenburg hat Deutsche Philologie, Geschichte und Anthropologie studiert. Sie promovierte an der University of Kent in Konfliktforschung und war danach als Senior‐Beraterin und Mediatorin für Sedlák & Partner sowie zuletzt als Senior Projektmanagerin und Leiterin des Kompetenzteams Nachhaltigkeit für S&P Consulting SE tätig. Brandenburg ist verheiratet, Mutter zweier Kinder und lebt in Berlin.
Von Anna Ntemiris, Redakteurin