• 01.11.2025
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Studie: Verbraucher fordern Nachhaltigkeit – aber nicht um jeden Preis

Nachhaltigkeit gehört für viele Konsumenten heute zum Standard – besonders bei Verpackungen. Verbraucher erwarten umweltfreundliche Lösungen, sind aber nicht bereit, bei Nutzbarkeit und Hygiene Abstriche zu machen. Für Marken ergibt sich daraus eine doppelte Chance – und Herausforderung. 

Bei Kaufentscheidungen rückt Nachhaltigkeit für Konsumentinnen und Konsumenten immer stärker in den Vordergrund. Vor allem die Reduktion von Verpackungsmüll ist für die Mehrheit dabei ein zentrales Kriterium: 66 Prozent halten möglichst wenig Verpackung für das wichtigste Nachhaltigkeitsmerkmal – ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Vorjahr. Dies zeigt die aktuelle „Sustainable Product Packaging“-Studie der globalen Strategieberatung Simon-Kucher.

„Ebenfalls stark bewertet werden Recyclingfähigkeit, der Einsatz recycelter Materialien und biologisch abbaubare Lösungen, die jeweils von mehr als der Hälfte der Verbraucher als relevant eingestuft werden“, erklärt Dr. Daniel Bornemann, Senior Partner und Experte für Paper & Packaging bei Simon-Kucher. „Verbraucher reagieren positiv auf klare und nachvollziehbare Botschaften zu diesen Merkmalen. Besonders wirksam sind Aussagen, die den konkreten Mehrwert verdeutlichen – etwa, wie Materialien eingespart oder Ressourcen geschont werden.“

 

Nachhaltigkeit schafft Vertrauen – wenn sie nachvollziehbar ist 

Für Markenartikler und Verpackungshersteller wird immer deutlicher: Nachhaltige Verpackung stärkt das Image. 63 Prozent der Befragten nehmen Marken mit nachhaltigen Verpackungslösungen positiver wahr. Besonders zeige sich dieses Wachstum, so Dr. Daniel Bornemann, in Bereichen mit hoher Sichtbarkeit und direktem Konsumentenkontakt. Dort werde Verpackung zunehmend als Teil der Markenbotschaft verstanden und diene als wichtiges Differenzierungsmerkmal.

Gleichzeitig stehen verpackungsintensive Branchen unter wachsendem Innovationsdruck. Regulatorische Vorgaben und steigende Erwartungen an Ressourceneffizienz beschleunigen die Entwicklung neuer Ansätze – von recyclingfähigen Materialien über Materialeinsparungen bis hin zu nachfüllbaren Konzepten. „Für Hersteller entstehen daraus Chancen, übergreifende Kompetenz in nachhaltigen Materialien und Prozessen aufzubauen und Nachhaltigkeit als klares Qualitätsmerkmal zu verankern. Wer diese Entwicklung frühzeitig nutzt, profitiert in nahezu allen Produktgruppen von wachsender Nachfrage und nachhaltigem Wachstumspotenzial“, so Bornemann.

 

Zahlungsbereitschaft stagniert – Aufpreis differenziert sich 

Zwischen nachhaltigem Anspruch und realem Konsumverhalten klafft allerdingseine deutliche Lücke: Nur noch 54 Prozent der Befragten sind derzeit bereit, mehr für nachhaltige Verpackungen zu bezahlen – ein deutlicher Rückgang gegenüber den Vorjahren (2021: 81 %, 2022: 72 %, 2023: 62 %, 2024: 64 %). Der akzeptierte Aufpreis liegt aktuell bei durchschnittlich acht Prozent.

Die Zahlungsbereitschaft wird dabei im Wesentlichen von drei Faktoren bestimmt: Glaubwürdigkeit, Transparenz und Funktionalität. „Verbraucher wollen nachvollziehen können, welchen konkreten ökologischen Nutzen eine Verpackung bietet und sind nur dann bereit, mehr zu zahlen, wenn Haltbarkeit und Hygiene uneingeschränkt gewährleistet bleiben“, erläutert Bornemann und ergänzt: „Je klarer der ökologische Nutzen erkennbar ist, desto größer ist die Bereitschaft, einen Mehrpreis zu akzeptieren.“

Über alle Altersgruppen hinweg spielt Nachhaltigkeit eine Rolle – doch die Bewertung fällt unterschiedlich aus. Jüngere Konsumentinnen und Konsumenten, urbane Haushalte und einkommensstärkere Gruppen zeigen überdurchschnittliche Zahlungsbereitschaft. Ältere Zielgruppen legen dagegen größeren Wert auf Funktionalität und Produktschutz: Nachhaltigkeit ist für sie nur dann akzeptabel, wenn sie keine Qualitätseinbußen mit sich bringt.

 

Form follows function: Konsumenten zeigen begrenzte Toleranz 

Auch beim Verpackungsdesign gilt: Funktion geht vor Form. 62 Prozent der Befragten akzeptieren optische Veränderungen zugunsten nachhaltiger Verpackungslösungen. Bei Produkten mit hohem Hygienefaktor – etwa in Lebensmittel- oder Pflegeanwendungen – stehen der Schutz und die Unversehrtheit des Inhalts klar im Vordergrund. In anderen Bereichen, in denen Markenwahrnehmung und Design stärker im Fokus stehen, gewinnt die visuell wahrnehmbare Nachhaltigkeit an Bedeutung. „Verpackung muss also sowohl ökologisch als auch funktional überzeugen“, betont Bornemann.

 

Regulierung trifft auf Zustimmung – und erhöht den Handlungsdruck 

Greenwashing spielt für Verbraucher jedoch kaum noch eine Rolle. „Das zeigt, dass Nachhaltigkeitsbemühungen heute differenzierter bewertet werden“, sagt Dr. Daniel Bornemann. Gleichzeitig befürworten 74 Prozent gesetzliche Vorgaben zur Reduktion unnötiger Verpackung – wie sie seit Februar 2025 durch die EU-Verpackungsverordnung festgelegt sind. „Für Unternehmen bedeutet das: Die Zeit des Abwartens ist vorbei“, so Bornemann weiter. „Hersteller können Vertrauen aufbauen, indem sie Nachhaltigkeitsfortschritte transparent und belegbar machen – etwa durch Zertifizierungen, Recyclingnachweise oder Angaben zu Materialeinsparungen. Ehrliche, überprüfbare Kommunikation schafft Glaubwürdigkeit und Differenzierung im Wettbewerb.“

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

  • 66 % sehen Müllvermeidung als zentrales Nachhaltigkeitsmerkmal 
  • 63 % verbinden nachhaltige Verpackung mit positiver Markenwahrnehmung 
  • 54 % zeigen Zahlungsbereitschaft für nachhaltige Verpackungen – weniger als in den Vorjahren 
  • Jüngere Verbraucher sind deutlich aufgeschlossener als ältere Zielgruppen 
  • 74 % begrüßen gesetzliche Vorgaben zur Verpackungsvermeidung 
  • 62 % akzeptieren optische Einbußen – nicht aber bei Haltbarkeit oder Hygiene 

Über die Studie: Die repräsentative Studie „Sustainable Product Packaging“ wurde im Mai 2025 zum fünften Mal von Simon-Kucher in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut YouGov durchgeführt. Befragt wurden 2.031 Konsumenten in Deutschland zu ihren Einstellungen, Erwartungen und Zahlungsbereitschaften rund um nachhaltige Verpackungen.

 

Redakteur: Alexander Stark, FACHPACK360°