• 09.12.2025
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Maschinenbeschaffung: Strategie schlägt Spontankauf

Viele Unternehmen treffen Entscheidungen beim Kauf neuer Verpackungsmaschinen noch immer nach dem Prinzip „wie bisher“. Christoph Waldau von BPC erklärt, wie sich mithilfe eines strukturierten Vorgehens Fehlinvestitionen vermeiden lassen.
Christoph Waldau, Chief Executive Officer BPC
Christoph Waldau, Geschäftsführer der Verpackungsagentur BPC, rät: Erst das Verpackungssystem definieren – dann die passende Maschine auswählen.

Christoph Waldau, Geschäftsführer der Verpackungsagentur BPC – Band & Partner Packaging Creality, kennt die Verpackungsbranche aus nahezu allen Perspektiven. Seit über 30 Jahren berät er Markenartikler, Hersteller und Lieferanten rund um Design, Innovation und Nachhaltigkeit. Aus dieser Erfahrung heraus richtet er den Blick auf einen Bereich, der oft zu wenig Beachtung findet: die Maschinenbeschaffung.

Stellen Sie sich vor, Sie gehen zum Händler und sagen: „Ich hätte gern genau das Auto wieder, das ich derzeit fahre.“ Der Händler wird antworten: „Exakt dieses Modell habe ich nicht mehr. Aber hier ist das Nachfolgemodell – mit mehr Features, flotter, schneller, schicker.“ Das Problem: Zeiten und Anforderungen haben sich geändert. Vielleicht fahren Sie nicht mehr allein durch die Stadt, sondern haben inzwischen eine Familie und planen den Sommerurlaub in Italien. Das sportliche Modell von vorher passt deshalb möglicherweise nicht mehr.

Genau diese Denkweise beobachtet Waldau auch in der Industrie. „Wir sprechen mit vielen Markenartiklern und erleben häufig die Realität ‚gekauft nach Vorgängermodell‘.“ Oft entscheidet die Produktion allein über die Kaufentscheidung: „Wir brauchen eine neue Anlage, also kaufen wir das Nachfolgemodell unseres vertrauten Maschinenlieferanten“, lautet das Motto, ohne zu prüfen, ob es neue Anforderungen aus anderen Unternehmensbereichen gibt.

Die Gefahr besteht dabei in einem Tunnelblick – gerade bei Investitionen in Millionenhöhe. Ein wesentliches Risiko ist beispielsweise die Nicht-Einhaltung regulatorischer Vorgaben der PPWR. „Es kann passieren, dass Sie eine Maschine erwerben, die bald nicht mehr verkehrsfähige Verpackungen produziert. Das ist eine reale Gefahr“, so Waldau.

Zudem binden sich Unternehmen mit dieser Strategie dem Experten zufolge langfristig an eine bestimmte Technologie – möglicherweise die falsche. „Fehlinvestitionen verursachen hohe Kosten, spätere Umrüstungen werden teuer. Und oft hält man an überholten Abläufen fest, obwohl alternative Maschinen/Verpackungssysteme heute Lösungen ermöglichen, die früher nicht gingen“, betont Waldau. Auch Prozesse gehören daher nach seiner Ansicht auf den Prüfstand.

Natürlich ist die PPWR nicht der einzige Einflussfaktor. Handelsvorgaben definieren teils sehr konkrete, schnelle Anforderungen, oft unabhängig von der PPWR – und länderübergreifend unterschiedlich. Hinzu kommen Konsumentenerwartungen und unternehmensinterne Ziele (z. B. CO₂-Reduktion). Parallel steigen Ansprüche wie attraktiver POS-Auftritt, Differenzierung, leichtes Öffnen ohne Hilfsmittel, geringer Ausschuss, einfache Produktentnahme usw. Das erhöht die Komplexität.

„Meine klare Empfehlung: Denken Sie nicht zuerst über die Maschine nach, sondern über die Verpackung“, rät der Verpackungsexperte. „Also, welche Verpackung bzw. welches Verpackungssystem brauchen Sie?

Wie lässt sich nun Ordnung in dieses Chaos bringen? Mit einem strukturierten, interdisziplinären Vorgehen:

 

  1. Anforderungen ermitteln – KPIs definieren: Was muss die Verpackung leisten? (Noch ohne Maschinendiskussion.)
  2. Gemeinsam priorisieren – Top-Down über alle Abteilungen hinweg: Einkauf, Entwicklung, Marketing, Nachhaltigkeit, Recht, Produktion etc.
  3. Alternativen bewerten – Verpackungssysteme anhand der KPIs objektiv vergleichen.
  4. Sachlich entscheiden – erst dann die passende Maschine auswählen, spezifizieren und ausschreiben.
  5. Kompetent umsetzen.

 

Praktisch empfiehlt Waldau eine Analyse der gesamten Wertschöpfungskette: von Sourcing über Printing & Finishing, Transport & Storage, Abfüllung & Produktion, Produktsicherheit, E-Commerce, Retail & POS, Konsument, Disposal & Recycling bis zu Legal Requirements. Überall entstehen Anforderungen und KPIs – daher sei es absurd, nur aus der Produktion heraus zu entscheiden.

Im nächsten Schritt sollten Hersteller Alternativen entlang der KPIs vergleichen (z. B. drei Varianten). „Hinterlegen Sie einen Bewertungsschlüssel und erzeugen Sie eine transparente Übersicht. So entscheiden Sie bewusst für ein Verpackungssystem – und stellen zugleich sicher, dass Sie in den Bereichen Disposal & Recycling und Legal Requirements der PPWR-fit sind“, sagt Waldau und ergänzt: „Dort gelten Muss-Kriterien, bei denen es nicht ausreicht, wenn sie ungefähr passen.“

Erst nachdem der System-Sieger feststeht, wählen Unternehmen die passende Maschine aus und starten die Ausschreibung. Der Gewinn: Zukunftssicherheit, in der Regel auch Kosteneffizienz und Leistungsfähigkeit. „Sauber bewertete Lösungen führen meist zu Effizienzgewinnen, zudem zu Nachhaltigkeit und Compliance – und oft zu Marktvorteilen, gerade durch den Blick auf die gesamte Kette,“ so Waldau.

 

Autor: Alexander Stark, Redakteur FACHPACK360°