• 21.05.2025
  • Interview

Wohlfühlen ist angesagt: Emotionen beeinflussen Erfolg von Kosmetika

Weniger Material, aber mehr farbenfrohe Designs: Im Interview berichtet Sabine Kästner, Unternehmenskommunikation und Nachhaltigkeitsbeauftragte bei der Laverana GmbH & Co. über Trends bei Kosmetikverpackungen. Das niedersächsische Unternehmen stellt alle Produkte der Marke Lavera Naturkosmetik in der Region Hannover her und entwickelt mit Herstellern eigene Verpackungslösungen.

Frau in weißer Kleidung hält Lavera-Pipettenflasche.
Zur Verpackung von Seren gehören auch Pipetten. Auch diese werden auf ihre Kreislauffähigkeit derzeit auf den Prüfstand gestellt und optimiert, erklärt eine Lavera-Sprecherin im Interview.
Porträt von Sabine Kästner, Laverana GmbH, in ihrem Büro.
Sabine Kästner, Leitung Unternehmenskommunikation und Nachhaltigkeit, spricht im Interview über nachhaltige Kosmetikverpackungen.

Welche Verpackungstrends gibt es in der Kosmetikbranche?

Sabine Kästner: Reduktion von Verpackungsmaterial ist ein großer Trend. Sekundärverpackungen wie Faltschachteln und Beipackzettel werden bei Lavera kaum noch eingesetzt. Die Kundinnen und Kunden können Pflegehinweise auf der Webseite nachlesen. Gesetzlich notwendige Informationen finden sich direkt auf der Primärverpackung. 

Eine Ausnahme machen wir bei der Gesichtspflege. Der Handel und auch die Verbraucher verlangen für Gesichtscremes nach einer Schachtel. Das ist gelebt und somit auch ein Trend. 

Wir verwenden Kartonmaterial aus 100 Prozent Recyclingfasern. Auch bei hochwertigen Pflegeölen gibt es noch Sekundärverpackungen aus recycelbarem FSC-Papier.

 

Ein weiterer Trend ist ein höchstmöglicher Rezyklatanteil. Wir liegen damit längst über den gesetzlichen Vorgaben. Unsere Flaschen, die wir selbst entwickeln und herstellen, bestehen zu 100 Prozent aus Rezyklaten. Bei den Deckeln und Tuben liegen wir noch etwas drunter, die gesamte Shampooverpackung hat somit einen Rezyklatanteil von 96 bis 98 Prozent. Bei Glastiegeln liegt der Altglasanteil bei 30 bis 40 Prozent.

Verbundverpackungen gehören ebenfalls der Vergangenheit an, wir setzen auf Monomaterialien, weil auch die Recyclingfähigkeit einer Verpackung eine unsere Zielsetzungen ist. Und wir versuchen, insgesamt nachhaltiger zu werden, stellen alles auf den Prüfstand. Bei Seren, die mit einer Pipette verkauft werden, schauen wir, welche Metallelemente und welches Glas enthalten sind und justieren gegebenenfalls nach.

Gibt es Potenzial zur Veränderung? Von unverpackt bis Pfandsysteme gibt es doch noch mehr Spielräume zu mehr Kreislaufwirtschaft?

Ja, sicher. Allerdings muss ich sagen: Der Verbraucher hat hohe Ansprüche in Sachen Umweltschutz, bei der Kaufentscheidung spielen aber auch andere Faktoren eine Rolle. Wir haben uns zum Beispiel mehr von den nachfüllbaren Produkten oder den festen Duschshampoos erhofft. Sie werden weit weniger angenommen als gedacht. Jede Marke hat diese Alternativen inzwischen im Portfolio, aber sie bleiben Nischenprodukte. Bei dekorativer Kosmetik gibt es auch Papierverpackungen, aber die Frauen wollen ihren Lidschatten oder Lip-Stick auch in der Handtasche aufbewahren. Eine Verpackung muss kosmetisch, hochwertig und gleichzeitig robust genug sein.

Wir haben den Mascara Obisidian im Glasbehälter auf den Markt gebracht beziehungsweise jede limitierte Edition enthält Glasverpackungen. Wir schauen, wie diese ankommen und prüfen im Detail, wie wir jedes Produkt weiterentwickeln und ob wir gar neue Systeme einführen. Für Verbraucher steht die Produktperformance an erster Stelle. Die Menschen wollen sich wohlfühlen, wenn sie Kosmetik nutzen. Damit rückt ein C02-Wert in diesem Moment in den Hintergrund.

Aber Nutzer von Naturkosmetik haben die Nachhaltigkeit im Blick?

Bei der Unternehmensgründung 1987 besetzten wir mit Nachhaltigkeit und Naturkosmetik noch ein Nischenthema. Heute wird Nachhaltigkeit vorausgesetzt. Wir kommunizieren über die Verpackung mit dem Kunden darüber und erklären zum Beispiel, dass wir in allen Bereichen auf Natürlichkeit setzen, zertifiziert sind, vegane Produkte haben und zum Beispiel kein Mikroplastik verwenden. Alle Markenhersteller setzen inzwischen auf Nachhaltigkeit, an dem Thema kommt keiner vorbei.

Viele Naturkosmetikverpackungen sind weiß und recht unauffällig im Design. Was wird damit ausgedrückt?

Da ändert sich der Trend. Wir sind sehr hochwertig, nutzen weiß - aber werden farbenfroher. Die neue Männerserie von Lavera ist in Dunkelgrün gehalten. Die Baby- und Kinderprodukte haben Tiermotive aufgedruckt. Das geht einher mit Emotionen, die in der Kosmetikbranche so immens wichtig sind. Der Nutzer verlangt nach einem emotionalen Erlebnis, das darf die Verpackung auch ausdrücken.

Wie kann die Verpackung nachhaltig und emotional sein?

Das Onlinegeschäft wächst zwar, aber Kosmetik ist und bleibt weiterhin stark im stationären Handel. Daher muss sie dort erlebbar sein. Es gibt unverpackte Tester, damit zum Beispiel die Make-up-Produkte ausprobiert werden können. Shampoo- und Duschgelflaschen dürfen vom Kunden weiterhin zum Riechen geöffnet werden. Es geht um das Erleben mit allen Sinnen. 

Aber kommen da nicht die hohen Hygieneanforderungen in die Quere?

Bei Pflegeprodukten gilt es natürlich, den Hygieneschutz einzuhalten und die Haltbarkeit sicher zu stellen. Daher haben zum Beispiel Zahnpastatuben einen Siegelschutz. Manchmal kann Verpackung eben nicht weiter reduziert werden, weil der Produktschutz Vorrang hat. Bei Mascaras oder Lippenstiften sorgt ein Etikett für mehr Schutz vor unsachgemäßer Öffnung im Geschäft. Wir verzichten aus nachhaltigen Gründen auf eine Sleeve-Folie, genauso wie andere Hersteller. Unsere Dekotheke bietet überall, wo es sich anbietet Tester, insgesamt sind es 87. Aber letztendlich muss der Händler dafür Sorge tragen, dass die dekorative Kosmetik nicht geöffnet wird. 

 

Von Anna Ntemiris, Redakteurin