• 14.05.2025
  • Artikel

Wie intelligente Verpackungen frische Lebensmittel schützen

Die Lebensmitteltechnologin Dr. Claudia Waldhans hat eine neue Methode mit einer App zur Messung der Frische entlang der Lieferkette von verpackten Nahrungsmitteln entwickelt. Für dieses smarte Verpackungssystem erhielt sie den Wissenschaftspreis 2025, den das EHI Retail Institut e.V. und GS1 gemeinsam vergeben. Was ihre Arbeit für Logistiker, Händler und Endverbraucher erbringen kann, erläutert sie exklusiv im Gespräch mit FACHPACK360°.

Dr. Claudia Waldhans holding the Science Prize 2025 in her hands.
Dr. Claudia Waldhans erhielt den von EHI und GS1 vergebenen Wissenschaftspreis 2025 für ihre Dissertation zur Thematik intelligente Verpackungssysteme entlang der Lieferkette.

Die spontane Grillparty ist beschlossen, schnell noch Bratwürste und Fertigsalate im Supermarkt kaufen. Was ist wie lange noch haltbar? Und was sagt das Mindesthaltbarkeitsdatum auf der Verpackung tatsächlich aus? Diese Fragen beschäftigen Verbraucher, aber auch den Handel. Denn Frische und Hygiene sind das A und O. Und es werden zu viele Lebensmittel aufgrund von vorzeitigem Verderb weggeworfen.

 

Vermeidung von Food Waste

Vor diesem Hintergrund gewinnt die mit dem Wissenschaftspreis 2025 ausgezeichnete Dissertationsarbeit zum Thema intelligente Verpackungen von Claudia Waldhans aus Bonn eine besondere Bedeutung. Der Wissenschaftspreis von EHI Retail Institut e.V, und GS1 wird unterstützt von Arvato Systems, Epam, Devoteam, Ferrero  und KPMG.

Claudia Waldhans hat eine App und serverbasierte Datenbank entwickelt, die die Temperatur und Haltbarkeit von verpackten Frischeprodukten entlang ausgewählter Lieferketten kontrollieren kann. Die Entwicklung fand in Zusammenarbeit mit mehreren Forschungspartnern im Rahmen eines Forschungsprojekts statt. 

Die App ist in der Lage, eine detaillierte Farbauslesung zu ermöglichen. Sowohl im Labor als auch in Praxisstudien konnte gezeigt werden, dass mithilfe der App die Resthaltbarkeit der untersuchten Produkte unter verschiedenen simulierten Temperaturbedingungen vorhergesagt werden kann. 

So funktioniert es: An der Verpackung wird ein spezielles Etikett angeklebt, dessen Farbveränderungen Temperaturunterschiede anzeigen. Er wird auf der Verpackung angebracht und reagiert auf die Umgebungstemperatur. Möglicher Lebensmittelverderbs wird durch farbliche Veränderung sichtbar. Die Entfärbung des Labels kann auch mit Haltbarkeitsmodellen verknüpft werden – wenn es so nah wie möglich am Nahrungsmittel – etwa an der Bratwurst - angebracht wird. Das Label kann aber auch zur reinen Temperaturkontrolle dienen, dann ist auch ein Anbringen an der Kiste möglich. Vorausgesetzt, dass eine überwachbare Kühlkette vorhanden ist.

Intelligente Verpackungslösungen sind bereits seit längerer Zeit Gegenstand der Forschung und Entwicklung im Lebensmittelbereich. In der Arbeitsgruppe Cold Chain Management an der Uni Bonn wurde dieses Thema bereits in mehreren Forschungsprojekten behandelt. Aber ganz neu an dem Thema von Waldhans Arbeit, die von Professorin Judith Kreyenschmidt betreut wurde, ist der Ansatz, mit einem Smartphone ein einfach zu handhabendes Messgerät für die Auslesung der Etiketten zu haben, was objektive Messwerte liefere und die Resthaltbarkeit bestimmt werden könne. Das könne insbesondere die Hürden der Implementierung dieser Systeme in der Praxis abbauen. Dieser Ansatz wurde im Forschungsprojekt „Intelli-Pack“ verfolgt, im Rahmen dessen Claudia Waldhans die Dissertation angefertigt hat. „Ein Smartphone hat schließlich jeder“, so Waldhans. Grundsätzlich sei die entwickelte App daher für alle Akteure entlang der Lieferkette eines Lebensmittels vom Produzenten bis zum Endkonsumenten geeignet. 

 

Sicherheit ist das A und O

Dabei stehen unterschiedliche Funktionen im Fokus: Logistiker und Mitarbeitende im Handel können ermitteln, ob die Kühlkette eingehalten wurde und welche Resthaltbarkeit des Produktes gegeben ist, und können basierend auf der realen Resthaltbarkeit Routen und Abverkäufe steuern. Gerade für den Endkunden ist die App in Verbindung mit dem Label ein gutes Instrument, die Temperatur und die Haltbarkeit zu überwachen, wozu sonst keine direkte Möglichkeit besteht. Dadurch bieten sich wertvolle Mehrinformationen über den Produktzustand und ob/wie lange das Lebensmittel noch verzehrfähig ist. „Alles mit dem Ziel, die Lebensmittelverschwendung auf diesen Stufen der Kette zu reduzieren.“ Auch geschultes Personal könne nicht immer mit bloßem Auge die Haltbarkeit und Genießbarkeit von Fleisch oder Salat erkennen, erklärt Waldhans. „30 Minuten zu lang in der Wärme gelagert, kann mikrobiologischen Schaden verursachen, daher ist das System auch für den Transport ein geeignetes Instrument.“ 

Die Entwicklung des OnVu-TTI Etiketts erfolgte durch die Universitäten Bayreuth und Bonn sowie dem Technicon in Haifa. Die Weiterentwicklung haben die Unternehmen Freshpoint (heute: Evigence Sensors) und Ciba Specialty Chemicals (gehört heute zu BASF) übernommen. Ciba hat dabei die spezifische Farbe entwickelt. Die Vermarktung des Etiketts erfolgt durch BIZERBA Labels & Consumables GmbH, diese waren auch Partner im Projekt Intelli-Pack. Die App ist noch nicht marktreif.

Claudia Waldhans arbeitet inzwischen als Referentin in der Projektförderung bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung im Fachbereich Digitalisierung und KI. Die Themen Lebensmittelsicherheit und Verpackungen spiele aber auch in ihrem Alltag als Verbraucherin eine Rolle. Spätestens beim nächsten Einkauf für den Grillabend.

 

Von Anna Ntemiris, Redakteurin