- 08.06.2025
- Artikel
- Machinery Change
Warum volatile Märkte neue Maschinenkonzepte fordern
Steigende Rohstoffpreise, gesetzliche Unsicherheiten, Fachkräftemangel – der Verpackungsmaschinenbau steht unter Druck. Während einzelne Kundensegmente boomen, brechen in anderen die Margen weg – und mit ihnen die Investitionsbereitschaft. Wie kann der Spagat zwischen Innovation, Effizienz und Marktnähe gelingen?
.jpg%3Fh%3D1212%26iar%3D0%26w%3D1818&w=3840&q=75)
Der Verpackungsmaschinenbau steht selten für sich allein. Seine Entwicklung ist eng an die Branchen geknüpft, die er beliefert. Wenn in diesen Märkten Unsicherheit herrscht, wirkt sich das unmittelbar auf Investitionsentscheidungen aus. Drei Branchenkenner geben im Gespräch Einblick in die aktuelle Lage – und zeigen, worauf es jetzt ankommt.
„Unserer Branche geht es vergleichsweise gut, teilweise sogar sehr gut. Das hängt immer davon ab, in welchem Bereich die Unternehmen tätig sind“, betont Martin Buchwitz, Geschäftsführer Packaging Valley Germany e. v. „Die Pharmabranche ist nach wie vor eine sichere Bank, dort haben Unternehmen teilweise die Auftragsbücher für bis zu 3 Jahre gefüllt.“ Im Bereich der Lebensmittelverpackungen sieht es laut Buchwitz schon anders aus, aber die Lage sei immer noch gut. Eine Sparte ist für Branche allerdings ein besonders wichtiger Anker im Sturm: die Automatisierungstechnik. „Dieser Bereich war in den letzten 12 Monaten so stark herausgefordert, wie es die Branche die letzten Jahrzehnte noch nie war“, meint Buchwitz.
„Ohne Digitalisierung keine Nachhaltigkeit“
Schwieriger ist es laut Buchtwitz in den Bereichen, die sehr eng mit dem Thema Kunststoff zu tun haben. Hier wirken gesetzgeberische Unsicherheiten und öffentliche Debatten investitionshemmend. Die im Jahr 2024 verabschiedete EU-Verordnung zur Verpackung und Verpackungsabfällen (PPWR) verstärkt den Druck, umweltfreundliche und recyclingfähige Lösungen anzubieten.
„Als Maschinenbauer gilt es den Kunden Verpackungslösungen anzubieten, die PPWR-Konform sind“, so Jörg Schebetka, Head of Marketing Communications bei Koch Pac-Systeme. Um seine Kunden auf diesem Weg zu unterstützen, setzt Koch auf Beratungsleistungen. Statt allein Maschinenlösungen anzubieten, steht eine ganzheitliche Beratung im Mittelpunkt, die Kunden von der Materialwahl bis zur finalen Verpackungslösung begleitet. Ziel ist es, technische Umsetzung und Verpackungskonzept frühzeitig miteinander zu verzahnen.
Nachhaltigkeit endet dabei nicht bei der Materialauswahl – sie setzt eine nahtlose Integration in bestehende Prozesse voraus. Genau hier kommt die Digitalisierung ins Spiel: Sie ist der Schlüssel, um nachhaltige Verpackungslösungen auch effizient, reproduzierbar und wirtschaftlich umsetzbar zu machen.
„Kurz gesagt kann man postulieren: Ohne Digitalisierung keine Nachhaltigkeit im Bereich der Verpackungsmaschinen“, bringt es Buchwitz auf den Punkt. Schließlich muss auch das nachhaltigste Verpackungsmaterial in entsprechender Qualität und Quantität durch die Verpackungsmaschine laufen „Insofern repräsentieren wir einer der Schlüsselbranchen beim Weg zur nachhaltigen Verpackung“, erklärt der Geschäftsführer des Packaging Valley Germany e. v.
Weniger Personalaufwand, mehr Produktvielfalt
Doch nachhaltige Verpackungslösungen sind nur ein Teil des Puzzles. Ebenso zentral für die Zukunftsfähigkeit der Branche ist der Umgang mit dem zunehmenden Personalmangel in den Kundenbranchen und der wachsenden Nachfrage nach Flexibilität in der Produktion. Laut Dietmar Bohlen, Vice President bei Multivac Deutschland, liegt ein wesentlicher Schwerpunkt der technologischen Entwicklungen in diesen Bereichen. Viele Aufgabenbereiche an den Verpackungslinien der Kunden waren bislang mit einem hohen manuellen Aufwand verbunden. Das Ziel besteht nun darin, möglichst viele dieser Prozesse zu automatisieren, z. B. durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz. Ein weiterer zentraler Entwicklungsschwerpunkt bei Multivac ist die Vermeidung ungeplanter Maschinenstillstände. „Verzögerungen – etwa bei der Belieferung des Lebensmitteleinzelhandels – können hohe Strafzahlungen zur Folge haben. Das kann schnell die gesamte Marge eines Produkts aufzehren“, ergänzt der Multivac-VP. Daher habe das Thema Anlagenverfügbarkeit heute eine viel höhere Bedeutung als noch vor einigen Jahren, als vor allem Preis und Lieferzeit der Verpackungsmaschinen im Fokus standen. „Zur Vermeidung solcher Stillstände setzen wir auf Predictive Maintenance, durchdachte Wartungskonzepte und einen schnellen, gut erreichbaren Service“, erläutert Bohlen. Multivac-Maschinen sind deshalb vernetzt und mit Dashboards ausgestattet. Die Kunden können per App auf ihre Anlagen zugreifen und Leistungsdaten in Echtzeit analysieren – auch aus der Ferne. Wenn etwa der Stromverbrauch eines Motors ansteigt, können die Techniker proaktiv auf einen Defekt hinweisen und rechtzeitig Ersatz liefern.
Ein weiteres großes Thema ist die steigende Nachfrage nach kleineren Losgrößen und wachsender Produktvielfalt. „Unsere Kunden benötigen heute Maschinen, die sich besonders schnell und einfach umrüsten lassen – nicht selten durch Personal ohne spezielle Fachkenntnisse. Die Bedienung muss so intuitiv sein, dass auch angelernte Kräfte diese Aufgaben fehlerfrei durchführen können“, so Bohlen.
Auch Jörg Schebetka bestätigt: „Die Nachfrage nach Maschinen, die sich schnell an unterschiedliche Verpackungsformate anpassen können, wächst“. Aus diesem Grund hat Koch sein Maschinenportfolio ergänzt – neben der hohen Kompetenz bei Standardmaschinen und Customized Maschinen gibt es ab sofort neu den modularen Maschinenbau – dieser wird erstmals auf der FACHPACK mit zwei Modulen präsentiert.
Fazit
Blickt man auf die Zukunftsfähigkeit des deutschen Verpackungsmaschinenbaus, so lässt sich festhalten: Deutschland ist derzeit noch Weltmarktführer, jedoch herrscht angesichts globaler Entwicklungen eine gewisse Verunsicherung. „Da spielt Technologie eine sehr wichtige Rolle. Allerdings nicht der Technologie wegen, sondern mit einem klaren Fokus auf den Kundennutzen in Sachen Produktivität, Nachhaltigkeit, Servicequalität und neue Geschäftsmodelle“, sagt Buchwitz.
„Qualität und Präzision sind Kerneigenschaften, die auch in den Folgejahren weiterhin den Maschinenbau Made in Germany auszeichnen können und werden. Es gilt hier am Ball zu bleiben und nicht nachzulassen“, bestätigt Schebetka.
Autor: Alexander Stark