Herausforderungen der Kreislaufwirtschaft bei Verbundverpackungen
Markenartikel sind zunehmend bemüht reine Kunststoffverpackungen durch faserbasierte Verbunde zu ersetzen. Doch das bringt Herausforderungen beim Recycling mit sich, erklärt Till Isensee von der Unternehmensberatung Tilisco.
Verbraucher erwarten heute selbstverständlich nachhaltige Verpackungen, und Markenhersteller stehen unter Druck, diese Erwartungen zu erfüllen. Eine Lösung sehen viele im Austausch von Kunstsoffen mit Papier.
„Die Marketingabteilungen setzen auf Verpackungen, die der Verbraucher als nachhaltiger wahrnimmt. Papier genießt beim Verbraucher ein besseres Image als Kunststoff, was den Absatz steigern kann“, so Till Isensee, Geschäftsführer von Tilisco während eines Interviews in FACHPACK-TV. Doch die Realität ist dem Verpackungsingenieur zufolge komplexer: „Papier allein kann den nötigen Schutz oft nicht bieten, weshalb Kunststoffe integriert werden müssen.“ Oft sind dünne Schichten oder Aufträge von Polyethylen (PE) und anderen Kunststoffen notwendig, um den Inhalt ausreichend zu schützen, was die Recyclingfähigkeit der Verpackungen erschwert.
Ein weiteres Problem ist die Frage, wie sich faserbasierte Verbundverpackungen in die Kreislaufwirtschaft einfügen. Isensee nennt eine Studie der RWTH Aachen, die zeigte, dass rund 50 % dieser Faserverbundverpackungen in der blauen Tonne entsorgt werden. 30 % dieser Verpackungen landen im Restmüll und nur 20 % im Gelben Sack, wo sie per Definition der Zentralen Stelle Verpackungsregister eigentlich hingehören. „Doch wird die Faserverbundverpackung über die Gelbe Tonne auch optimal recycelt? Nein“, meint Isensee. Die Gründe dafür liegen in der hohen Kontamination mit Lebensmittelrückständen, Feuchtigkeit und mikrobiologische Belastungen im Gelben Sack, die ein Papierrecycling unmöglich machen. Nach Ansicht von Isensee ist die Blaue Tone der richtige Entsorgungsweg – wenn der Kunststoffanteil unter 5 % liegt.
Denn eine Strategie der Inverkehrbringer von Verpackungen ist laut Isensee, den Kunststoffanteil in den Verbundverpackungen unter 5 % zu halten. Dadurch können sie sich für das Papierrecycling lizenzieren. „Durch dünne Kunststoffschichten können Hersteller zwar Kosten bei der Entsorgung sparen, doch das bringt neue Probleme mit sich“, so Isensee. „Je dünner die Kunststoffschichten, desto schwieriger ist es, sie zu trennen“. Der Kunststoff kann sich dann beispielsweise auf den Netzen der Papiermaschinen absetzen und die Qualität des Papiers beeinträchtigen. „Papierhersteller bestätigen, dass dies zunehmend zu Problemen führt“, sagt Isensee.
Während bekannte Recyclingkreisläufe für PET-Flaschen und Papier gut etabliert sind, stellt die Kombination aus Papier und Kunststoff daher in der Verpackungsindustrie eine neue Herausforderung dar.
Till Isensee im Interview mit FACHPACK-TV
Till Isensee im Interview mit FACHPACK-TV