Recyclingbilanz von Verpackungen: Erfolge und Verfehlungen
15.12.2023 Sustainability New Paths Design Artikel

Recyclingbilanz von Verpackungen: Erfolge und Verfehlungen

Die Verpackungsmenge schrumpft weiter und ein immer größerer Teil davon wird wiederverwertet. Das ist für die Zentrale Stelle Verpackungsregister ein Grund zum Feiern. Allerdings ist der Anteil an Verbundverpackungen gewachsen. Das bereitet den Recyclingexperten Sorgen.

Querschnittansicht einer Restmülltonne mit Prozentanteilen von Restmüll, Wertstoffen, Bioabfall und Problemstoffen. Info des Umweltbundesamtes. Wertstoffe landen zu häufig in der falschen Tonne, beklagt das Bundesumweltamt. Was landet in der Restmülltonne? Und was gehört wirklich hinein?

Immer mehr Verpackungen sind hochgradig recyclingfähig, die gesetzlichen Recyclingziele werden von den dualen Systemen überwiegend erreicht. Im Jahr 2022 kam es aber auch zu gravierenden Verfehlungen der gesetzlichen Quotenvorgaben. Welche Entwicklungen zu beobachten sind und welche Herausforderungen bestehen, erläuterten Gunda Rachut, Vorstand Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR), und Bettina Rechenberg, Fachbereichsleiterin des Umweltbundesamts (UBA), nach fünf Jahren Verpackungsgesetz auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin.

Die dualen Systeme hatten 2022 deutlich höhere Recyclingquoten zu stemmen. Die Ziele für das Recycling von Verpackungen aus Papier, Pappe, Kartonagen, Weißblech, Aluminium und Kunststoff wurden erreicht oder sogar überschritten. Die mengenmäßig zweitgrößte Fraktion der Produkthüllen aus Kunststoff gelangte zu gut zwei Dritteln (67,5 Prozent) zurück in den Wertstoffkreislauf, gefordert sind 63 Prozent. Zum Vergleich: 2018 lag die Quote noch deutlich unter 50 Prozent. „Das ist ein Grund, zu feiern“, so Rachut.

Dass das Recycling-„Muss“ bei Glas um 8,6 Prozentpunkte verfehlt wurde, begründet Rachut teils mit der Erweiterung des Einwegpfandes, das Material aus der haushaltsnahen Sammlung abziehe. Das Defizit bei Getränkekartons in Höhe von 15,2 Prozentpunkten wird mit „Kapazitätsengpässen in Verwertungsanlagen“ im Berichtsjahr 2022 erklärt. Diese seien teilweise den damals eskalierten Energiekosten geschuldet.

UBA-Expertin Rechenberg fordert mehr Glascontainer, damit sich die Trennung für Verbraucher erleichtere. Auch mit der Trennung von Verpackungen aus verschiedenen Materialien hätten Konsumenten Probleme. Zu viele Verpackungen landeten fälschlicherweise in der Papiertonne, weil sie zum Teil aus Papier bestünden. Sie sieht eine Weiterentwicklung des Recyclingstroms als dringend nötig an. Wenn hier keine technischen Möglichkeiten beim Verpackungsdesign ausgeschöpft würden, müssten Verbundverpackungen aus dem Verkehr gezogen werden, sagt Rechenberg. „Hier gibt es nach wie vor hohen Handlungsbedarf“, sagt auch Rachut an die Adresse der Lizenzdienstleister und deren Kunden aus Industrie und Handel.

Verbundmaterialien problematisch

„Wir haben bereits erhebliche Meilensteine auf dem Weg zum hochwertigen Recycling erreicht. Kreislauffähige Lösungen existieren für den Großteil der Verpackungen auf dem Markt. In einigen Bereichen setzen sich die Beteiligten auch entschieden für die Entwicklung von Anlagentechnologien und -kapazitäten ein. Um Ressourcen zu schonen, sind effiziente Kreisläufe unerlässlich“, so Rachut.

Gestützt auf Prognosen der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) verweist Rachut darauf, dass in Deutschland der Verpackungsverbrauch im Berichtsjahr 2022 bei gut 8,1 Millionen Tonnen womöglich einen Peak erreicht habe. Für 2023 erwarten die GVM ein Aufkommen systembeteiligungspflichtiger Produkthüllen in Höhe von 7,9 Millionen Tonnen, mit Blick auf 2024 nur noch 7,6 Millionen Tonnen. Getrieben werde der Trend von konjunkturell bedingter Konsumzurückhaltung sowie der qua Verpackungsgesetz erweiterten Mehrweg- und Pfandpflicht.

Der Verbrauch von Verpackungen aus Papier, Pappe und Karton soll im Prognosezeitraum um 7,6 Prozent abschmelzen, obwohl der Onlinehandel weiterhin zulegt. Für das Aufkommen der für Gelbe Tonnen und Säcke bestimmten Leichtverpackungen wird ein durchschnittliches Minus von 6,2 Prozent erwartet.

Die darin enthaltenen Produkthüllen aus Kunststoff würden die prozentual höchsten Einbußen verzeichnen, so Rachut. Vom Markttrend zu Lasten des Packmaterials Kunststoff würden laut der ZSVR und dem Umweltbundesamt die recyclingtechnisch oft als problematisch eingestuften faserbasierten Verbunde profitieren, also Kombinationen von Papier oder Karton mit Kunststoff.

Ganz oder gar nicht recyclingfähig

Immer noch am Markt zu sehen sind Verpackungen, deren Material oder Gestaltung ein Recycling nicht ermöglichen. Rachut erklärt: „Auffällig ist die große Lücke zwischen den hochgradig recyclingfähigen Verpackungen und weiteren Verpackungen – diese sind entweder geringgradig oder gar nicht recyclingfähig. Seit 2018 ist transparent erkennbar, welche Verpackungslösungen nicht hochwertig recycelt werden können. Für diese Verpackungen gibt es ausreichend Alternativen. Warum diese nicht genutzt werden, ist unklar.“ Die Gruppe der von den Systemen gesammelten Verpackungen, für die es keine Quotenvorgabe gibt, zum Beispiel Verpackungen aus Bambus, Holz, Jute, Keramik oder Kork, werden in der Praxis nicht recycelt. Sie sind somit besonders problematisch.