Nun auch Milchgetränke: Pfandpflicht tritt in Kraft
18.02.2024 Retail Sustainability Artikel

Nun auch Milchgetränke: Pfandpflicht tritt in Kraft

Seit 2024 gilt in Deutschland eine erweiterte Pfandpflicht für Milch- und Milchprodukte in Einweg-Plastikflaschen. Trotz des Ziels, die Kreislaufwirtschaft fördern zu wollen, stößt die Maßnahme nicht nur auf Zustimmung.

Kühlregal im Supermarkt mit Milchprodukten Die Erweiterung der Pfandpflicht auf Milchprodukte auf Milchgetränke bringt neben ökologischen Vorteilen aber auch Herausforderungen mit sich

Die Einführung der Pfandpflicht für Milch- und Milchprodukte in Einweg-Plastikflaschen seit 2024 in Deutschland markiert eine wesentliche gesetzliche Neuerung. Sie resultiert aus der jüngsten Novelle des Verpackungsgesetzes. Die gesetzliche Anpassung dehnt die bereits bestehende Pfandpflicht, die seit 2022 für alle Getränkedosen und nahezu alle Kunststoffflaschen gilt, auf Milchprodukte aus. Für diese Verpackungen galt eine verlängerte Übergangsfrist, die nun endete. 

Die Pfandpflicht in Höhe von 25 Cent betrifft seit 1. Januar Einweg-Plastikflaschen mit einem Volumen von 100 ml bis 3 Liter für Milch und milchhaltige Mischgetränke mit einem Milchanteil von über 50 Prozent sowie weitere trinkfertige Milcherzeugnisse. Dazu gehören Produkte wie Milchmischgetränke, Kakao, Kaffeemischgetränke sowie Trinkmilch in PET-Flaschen, Kefir, Joghurtgetränke und Ayran, wobei Milchgetränke in Tetrapacks und Joghurts in Bechern von dieser Regelung ausgenommen sind.

Die Änderung bedeutet für Verbraucher, dass sie die leeren Flaschen im Supermarkt zurückgeben müssen, um das Pfand erstattet zu bekommen. Früher wurden diese Verpackungen typischerweise über den Gelben Sack oder die Gelbe Tonne entsorgt. 

 

Höhere Recyclingquoten

Die Bundesregierung und Umweltschutzorganisationen betonen die positiven Effekte der Pfandpflicht auf die Umwelt und das Recycling. „Der Weg muss idealerweise weg von Einwegprodukten sein. Pfandflaschen sind ein Weg dorthin. Sie werden zu fast 100 Prozent zurückgegeben beziehungsweise eingesammelt. Die sortenreine Erfassung ermöglicht ein hochwertiges Bottle-to-Bottle-Recycling. Immerhin werden mehr als 90 Prozent der gesammelten PET-Flaschen recycelt“, teilte die Bundesregierung mit.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßt die Ausweitung der Merhwegverordnung als wichtigen Schritt, um Umwelt und Ressourcen zu schützen sowie das Recycling zu stärken. Gleichzeitig sieht der Umwelt- und Verbraucherschutzverband noch eine erhebliche Lücke in der Pfandregelung und fordert von Bundesumweltministerin Steffi Lemke schnelle Nachbesserung. So sollte auch auf Getränkekartons, wie jene des Marktführers Tetra Pak, ein Einweg-Pfand eingeführt werden. 34 Prozent davon würden gar nicht zum Recycling im gelben Sack landen, sondern im Restmüll, der Papiertonne oder der Natur. 

 

Pfandpflicht unnötig?

Die Erweiterung der Pfandpflicht bringt neben ökologischen Vorteilen aber auch Herausforderungen mit sich, insbesondere in Bezug auf die Hygiene. Denn Rückstände von Milchprodukten in den zurückgegebenen Flaschen können unangenehme Gerüche und die Bildung von Mikroorganismen verursachen. „Bereits jetzt sehen manche Rückgabesysteme nicht besonders appetitlich aus und werden wohl zukünftig auch noch etwas intensiver riechen. Denn die relativ hohe Viskosität von fettreichen Milchprodukten lässt oft kleine Restbestände in den Behältnissen zurück und bietet einen guten Nährboden für Mikroorganismen. Und nicht alle pfandpflichtigen Behältnisse haben einen Deckel, mit dem dieses Hygieneproblem zu lösen wäre“, so der Milcherzeugerverband Bayern.

Außerdem hagelte es Kritik hinsichtlich der potenziellen Verbraucherpreiserhöhung. Der Milcherzeugerverband und andere Branchenvertreter äußerten Bedenken über mögliche „Preisschocks“ und die Akzeptanz seitens der Verbraucher, da die zusätzlichen Kosten möglicherweise an die Kundschaft weitergegeben werden und dies zu einem Rückgang der Kaufbereitschaft führen könnte. Der Verband argumentierte, dass das bisherige Entsorgungssystem ausreichend effektiv gewesen sei.

Doch nicht alle Milcherzeuger sehen durch die Pfandpflicht nur negative Auswirkungen auf sich zukommen. Während die Umsetzung der Vorgabe für die verbundene Kappe hohe Kosten erzeugte, erhofft sich der Verkauf der Molkerei Berchtesgadener Land eher positive Signale für sein Produktsortiment. Denn die eingesetzten Getränkeverbundpackungen seien von der Pfandpflicht nicht betroffen. Die Molkerei hat sich bereits seit zwei Jahren mit Nachdruck auf diese geänderten Rahmenbedingungen vorbereitet. Dazu wurde nach der offiziellen Inbetriebnahme einer Mehrweg-Flaschenanlage im Juni 2022 die Vorgänger-Anlage abgebaut, das Gebäude abgerissen und an gleicher Stelle ein neues Produktionsgebäude errichtet.

Die Auswirkungen der Pfandpflicht macht sich indes auch bei der Recyclingindustrie zu spüren. Die RCS-Gruppe, ein führender Anbieter von recyceltem PET in Deutschland, sieht sich mit neuen Herausforderungen konfrontiert, um die Qualität des Recyclingmaterials zu gewährleisten. Investitionen in die Sortiertechnologie und Softwareanpassungen waren notwendig, um die neuen Materialien effektiv zu verarbeiten und eine hohe Recyclingqualität zu erhalten. Dennoch zeigte sich das Unternehmen zuversichtlich, dass die neuen Regelungen dazu beitragen werden, einen nachhaltigeren Umgang mit Ressourcen zu fördern und die Mengen an Verpackungsmüll einzudämmen.

Trotz der mit dieser Maßnahme verbundenen Herausforderungen, wie hygienische Bedenken und Befürchtungen hinsichtlich der Preisakzeptanz bei den Verbrauchern ist das langfristige Ziel klar: Die Förderung einer Kreislaufwirtschaft, in der Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit im Fokus stehen.