Fraunhofer-Institut entwickelt Software für nachhaltigeren E-Commerce
11.03.2024 Sustainability New Paths Artikel

Fraunhofer-Institut entwickelt Software für nachhaltigeren E-Commerce

Das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML hat mit CASTN (Carton Set Optimization) eine Software auf den Markt gebracht, mit der Online-Händler die Kartonsets für ihre Produkte optimieren können. Das Forschungsteam ist auch Aussteller der FACHPACK 2024.

Zwei Männer stehen vor offenem Container mit Kartons. Mit Hilfe der Optimierungssoftware CASTN können Speditionen für jeden Artikel und jede Auftragsstruktur das optimale Kartonset auswählen.
Online bestellte Produkte werden häufig in übergroßen Kartons versendet. Die Verpackungsarten werden immer vielfältiger, bleiben aber unterm Strich zu voluminös. Artikel, die wenig Verpackung erfordern, wie etwa Düfte, Kosmetika und Schmuck, landen weiterhin in übergroßen Kartons. Dies liege vor allem daran, dass die Verpackung nicht auf der Grundlage sich ändernder Produkt- und Bestellanforderungen wie Abmessungen und Gewicht ausgewählt werde, erklären Forscher des Fraunhofer IML. Um dies zu ändern, haben sie daher die Optimierungs-Software CASTN (Carton Set Optimization) entwickelt, die vom Fraunhofer-Zentrum für Exzellenz Logistik und IT gefördert wurde. Die Software stelle für jeden Kundenauftrag die optimale Order-to-Carton-Kombination zusammen. Clevere Algorithmen berechnen anhand der Artikel- und Auftragsstruktur die beste Kartonauslastung.
Lukas Lehmann vom Fraunhofer IML als Redner auf der FACHPACK 2022. Experte Lukas Lehmann vom Fraunhofer IML in Dortmund sprach auf der FACHPACK 2022 über Optimierungsmöglichkeiten in der Logistik. Das IML ist auch auf der FACHPACK 2024 vertreten.
CASTN stelle für Speditionen „das optimale Kartonset“ für die individuelle Artikel- und Auftragsstruktur zusammen. „Möchte ein Händler an seinen Packstationen einen Satz von zehn verschiedenen Kartons einsetzen, müssen diese an die Auftrags- und Artikelstruktur angepasst werden, um eine bestmögliche Volumenausnutzung zu erreichen. Die Produkte müssen ein möglichst großes Volumen des Kartons ausfüllen, sodass möglichst wenig Polsterung erforderlich ist“, erklärt Lukas Lehmann, Wissenschaftler am Fraunhofer IML. Um dies zu erreichen, gibt das Entwicklungsteam des Fraunhofer IML Kundendaten (Bestell-, Artikelstamm- und Verpackungsspezifikationsdaten) in CASTN ein. Um einen repräsentativen Zeitraum inklusive saisonaler Schwankungen abzubilden, erstrecken sich die Daten in der Regel über ein ganzes Jahr. Anhand dieser Eingabeparameter errechnen zwei miteinander verknüpfte Softwarealgorithmen gemeinsam den optimalen Kartonsatz. Dabei werden sowohl Kundenwünsche, wie etwa minimale oder maximale Paketgrößen, als auch die Bedürfnisse des Logistikdienstleisters berücksichtigt.

Nachhaltigkeit im E-Commerce

CASTN funktioniert mit zwei Algorithmen: Der erste nutzt einen evolutionären Ansatz, um anhand von Parametern wie der Anzahl der erlaubten Kartons oder den maximalen und minimalen Abmessungen unterschiedliche Kartonsets zu erstellen. Der zweite – ein Bin-Packing-Algorithmus – stellt sicher, dass die Bestellungen effizient in die ausgewählten Kartons verpackt werden. Ziel ist es, das Verpackungsvolumen zu minimieren und ein möglichst kleines Gesamtvolumen zu erreichen. Am Ende dieses Prozesses bewertet die Software jeden Karton eines Sets und prüft, wie gut das Innenvolumen durch die darin enthaltene Bestellung gefüllt ist. Diese Informationen werden in den Evolutionsalgorithmus zurückgeführt, der die Bewertung jedes Kartons nutzt, um neue, bessere Sets zu erstellen. Dies geschieht so lange, bis keine bessere Volumenausnutzung mehr erreicht werden kann.

70 Prozent Luft im Karton

„Den Kunden ist die Volumenausnutzung ihrer Verpackungen oft nicht bekannt, die häufig nur bei etwa 30 Prozent liegt. Sie haben keine Ahnung, wie viel Luft sie senden. Das berechnet unsere Software“, sagt Lehmann. Nach Abschluss der Optimierung werden die Ergebnisse gemeinsam mit dem Kunden analysiert, um das passende Kartonset auszuwählen.

Mehrere Industriepartner mit jeweils eigenem Online-Handel konnten laut Forschern bereits von dieser Kartonset-Optimierung profitieren und so ihre Mengenauslastung um 35 bis 45 Prozent steigern.

Im nächsten Schritt wollen Lehmann und sein Team die Funktionalität der Software um komplexe Artikelformen und zusätzliche Artikeleigenschaften erweitern. „Wir wollen, dass CASTN die Nachhaltigkeit in der Logistik erhöht. Durch optimal aufeinander abgestimmte Kartonsets kann Verpackungs- und Polstermaterial eingespart werden. Dies führt zu einer besseren Lkw-Beladung sowie zu geringeren CO2-Emissionen und kann zudem Platzverschwendung vermeiden“, sagt Lehmann.

Das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML gehört zu den Ausstellern der FACHPACK 2024.