Was Verpackung bald wissen kann
01.05.2023 New Paths Design Artikel

Was Verpackung bald wissen kann


Der „GS1 Digital Link“ soll als neuer Standard für die Auszeichnung von Produkten sowohl EAN- als auch QR-Codes ersetzen oder ergänzen. Verpackungshersteller werben für die Flexibilität und die Informationsfülle des Formats. Erste Anwendungen gibt es, auch für Recycler, für 2028 ist der Regelbetrieb geplant.

Der GS1 Digital Link Standard verbindet die GS1 Idente – wie z.B. eine GTIN – mit dem Web. Mit diesem neuen Standard können flexibel verschiedene Informationen zu einer physischen Einheit über einen einzigen Link zur Verfügung gestellt werden. Der GS1 Digital Link Standard verbindet die GS1 Idente – etwa eine GTIN – mit dem Web. Mit diesem neuen Standard können verschiedene Informationen zu einer physikalischen Einheit flexibel über einen einzigen Link bereitgestellt werden

Der Strichcode verliert an Bedeutung. Das jedenfalls sagt einer der Erfinder, der von verschiedenen Handelsverbänden getragene Standardisierungs-Dienstleister GS1: „2D-Code als neuer Standard statt Strichcode“, warb er im Februar 2022 für den neuen Standard „GS1 Digital Link“. Er sieht aus wie ein QR-Code – und ist auch einer, aber eben nach GS1-Standard.

Die Idee: Jeder kann andere Informationen aus ein und demselben „Digital Link“ herauslesen. Claudia Rivinius, Marketing Director des Verpackungsherstellers STI Group, nannte während eines Webcasts im März 2023 gleich 15 Anwendungsfälle aus der Praxis. Unter anderem:

Informationen für die Kunden (Links zu Zutaten, Allergenen, Rezepten),
Marketingmöglichkeiten (Links zu Feedback-Seiten, Treuepunkte), 
After-Sales-Services (Links zu Registrierungen, Gewährleistungen, Pflegevorgaben), 
Hinweise für die Händler (Links zu Produkt-Trainings, technischen Daten, Verfügbarkeiten), 
Hinweise zur Sicherheit (Diebstahlschutz, Verkaufssperren für abgelaufene oder zurückgerufene Chargen)
Informationen über die Verpackung selbst (Recyclingfähigkeit, Bestandteile). 
Und die Kasse erfährt natürlich den Preis.

Automatische Spracherkennung

Der Code wird genau so aufgedruckt wie bisherige EAN-Strichcodes, es muss nichts geprägt oder aufgeklebt werden, der „Digital Link“ braucht auch nicht mehr Platz – das heißt: Verpackungshersteller wie STI Group können den Code schon. Claudia Rivinius wirbt daher für die Vorteile: Je nach Browsersprache im auslesenden Smartphone können Informationen in passenden Sprachen ausgespielt werden, die Inhalte lassen sich an Tag und Uhrzeit anpassen, Händler erhalten Informationen über die Kunden und ihr Kaufverhalten. Und wenn der Code (fürs menschliche Auge unsichtbar) in die Verpackung selbst integriert wird, können maschinelle Augen auch Bruchstücke des Materials erkennen und in den richtigen Recyclingkanal verfrachten.

Langsam starten

Es müssen nicht gleich alle 15 Anwendungsmöglichkeiten genutzt werden, betont Ilka Machemer, Senior Manager ID & DC bei GS1 Germany: Der Start sei mit einem oder wenigen Use Cases möglich, später ließen sich weitere sukzessive ergänzen. Als Beispiele nennt sie einen großen Modehändler, der den Code zunächst ausschließlich zur Kundebindung („Consumer Engagement“) nutzt. Ein Limonaden-Abfüller stelle über das Consumer Engagement hinaus auch Informationen zur Wiederverwendung und Sortierung der Mehrweg-Glasflaschen bereit, ein Modehersteller nutze den Code zur Digitalisierung von Produktionsstätten. Die ursprüngliche Funktion des Barcodes – die digitale Bereitstellung des Preises – ist erst für später vorgesehen.

Für die technische Bereitstellung der Informationen gibt es Dienstleister, zum Beispiel Goods Tag aus Berlin. Er bietet eine „Smart-Products-Cloud-Plattform“, die „physische Produkte und Verpackungen in einzigartige digitale Kommunikationskanäle verwandelt“, so die Marketing-Selbstbeschreibung. 

Und warum das Ganze? Weil die Kunden es so wollen: „Kunden interessierte beim Kauf von Konsumgütern lange Zeit vor allem der Preis“, schreibt GS1 Germany. Inzwischen sei der Informationsbedarf breiter. „Um dem […] nachzukommen, bringen Unternehmen heute oftmals zusätzliche Datenträger wie beispielsweise QR-Codes auf Produktverpackungen auf. Sowohl beim Konsumenten als auch an der Kasse kann das zu Verwirrung führen.“ Daher soll ein neuer Standard allen Interessierten klar signalisieren, wo der Informationshase läuft.

Über den „GS1 Digital Link“ tragen Produktverpackungen also künftig so etwas wie eine virtuelle Informationswolke mit sich. Oder, wie Dominique Elsen von Goods Tag es ausdrückt: „Bald werden Sie überrascht sein, wenn Sie Ihr Smartphone an ein Produkt halten und nichts passiert.“ Das gilt dann idealerweise auch für Verpackungshersteller und Recycler.