Trendmonitor: Inflation bremst nachhaltigen Konsum
07.06.2023 Brands Retail Artikel

Trendmonitor: Inflation bremst nachhaltigen Konsum

Nachhaltigkeit hat sich schrittweise zu einem der wichtigsten Themen im Verbraucheralltag entwickelt. Die deutlichen Preissteigerungen der vergangenen Monate haben jedoch laut der Studie „Trendmonitor Deutschland“ zu einem spürbaren Rückgang des nachhaltigen Konsums in Deutschland geführt.

Der „Trendmonitor Deutschland“ von Nordlight Research untersucht Nachhaltigkeit im privaten Konsum und macht den Reality-Check. Der „Trendmonitor Deutschland“ von Nordlight Research untersucht Nachhaltigkeit im privaten Konsum und macht den Reality-Check.

Besonders prägnant zeige sich der Trend zu weniger nachhaltigem Konsum beim Einkauf von Lebensmitteln: Aktuell achten nur noch 48 Prozent der Bundesbürger verstärkt auf Nachhaltigkeit; 2021 taten dies noch 58 Prozent. Das geht aus der aktuellen Ausgabe des „Trendmonitor Deutschland“ von Nordlight Research zum Schwerpunktthema „Nachhaltigkeit im Reality-Check“ hervor.

Aber auch in anderen Bereichen verliert nach den repräsentativen Ergebnissen der Untersuchung der Trend zu nachhaltigerem Konsum an Schwung. Generell sinkt demnach unter den Verbrauchern die Bereitschaft, für nachhaltige Produkte per se mehr zu bezahlen.

Ein weiteres Ergebnis der Befragung: Produzenten und Händler haben deutliche Probleme, ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen glaubwürdig zu kommunizieren: Lediglich 12 Prozent der Bundesbürger vertrauen darauf. Die Bundesbürger wünschen sich von den Unternehmen mehr Fakten zur Nachhaltigkeit, und auch von unabhängiger Seite beglaubigte Nachweise.

„Nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion sind große Ziele, die jetzt den Realitätstest bestehen müssen“, sagt Studienleiterin Liesa Fiegl, Senior Research Consultant bei Nordlight Research. „Aktuell sieht die Entwicklung teils eher ernüchternd und stagnierend aus. Die ökonomische Realität schränkt vorhandene Ambitionen ein. Auf längere Sicht zeigen sich dennoch deutliche Chancen und Potenziale, da viele Menschen weiterhin den Wunsch verspüren, nachhaltiger zu konsumieren.“

Wie nachhaltig sind die Verbraucher im Alltag?

Ein Viertel der Bundesbürger (25 Prozent) gibt an, im Alltag bereits in starkem Maße auf Nachhaltigkeit zu achten (2021: 23 Prozent). Acht Prozent (2021: 9 Prozent) tun dies hingegen bisher nur sehr wenig bis gar nicht. Die große Mehrheit bewegt sich im Mittelfeld. Mit Blick auf die Zukunft bekunden zwei Drittel der Verbraucher die Absicht, ihr Alltagsverhalten stärker nachhaltig auszurichten. Zukünftig nicht mehr auf Nachhaltigkeit achten wollen hingegen neun Prozent (2021: 8 Prozent). Konkreter zeigt sich: Rund jeder dritte Bundesbürger (2023: 37 Prozent; 2021: 33 Prozent) ist bereit, zugunsten von Nachhaltigkeit ein Stück Bequemlichkeit im Alltag aufzugeben. 41 Prozent (2021: 46 Prozent) zahlen für nachhaltige Produkte gerne auch etwas mehr. Eine signifikant wachsende Anzahl an Verbrauchern (2023: 40 Prozent; 2021: 35 Prozent) gibt aber auch an, sich Nachhaltigkeit finanziell nicht wirklich leisten zu können.

Haushalt (79 Prozent), Fortbewegung (52 Prozent) und Lebensmittel (48 Prozent) zählen zu den Feldern, in denen die Bundesbürger vergleichsweise am stärksten auf nachhaltiges und ressourcenschonendes Verhalten achten. Insbesondere im Bereich Haushalt, und teils auch bei der Mobilität, zeigt sich dies als „neue Sparsamkeit“, also beispielsweise in einem reduzierten Verbrauch von Strom, Wasser und Kraftstoffen. Angetrieben wird diese oft durch den eigenen Geldbeutel, nicht allein durch Nachhaltigkeitsüberlegungen. Verstärkt gespart wird aktuell daher auch an den meist teureren nachhaltigeren Produkten, allen voran im Lebensmittelbereich. In der Studie wurden die Befragten nicht explizit nach ihren Verpackungspräferenzen gefragt, sondern nach den genannten Produktkategorien.

Besonders wichtig sind Nachhaltigkeitsaspekte den Deutschen bei ihren Kaufentscheidungen in folgenden Bereichen: Lebensmittel (59 Prozent) bleiben der wichtigste Bereich, trotz aktuell rückläufigem nachhaltigem Konsum in diesem Segment. Dann folgen Energieversorgung (56 Prozent) sowie Pflege-, Kosmetik-, Hygiene- und Gesundheitsprodukte (50 Prozent) – und erst mit großem Abstand das Auto (40 Prozent) und das Reisen (36 Prozent).

Die typisch nachhaltigen Konsumenten

Überdurchschnittlich hohe Nachhaltigkeitsscore-Werte auf dem Index „nachhaltiger privater Konsum“ erzielen aktuell unter anderem folgende Zielgruppen: Großstädter (33 Prozent), Early Adopter (33 Prozent), Besserverdienende (31 Prozent; Haushaltsnettoeinkommen über 3.000 Euro) und Familien mit Kindern (31 Prozent). „Nachhaltiger Konsum darf kein Luxus sein. Und auch nicht allein eine Frage persönlicher Konsumstile“, sagt Thomas Donath, Geschäftsführer von Nordlight Research. „Daher ist es Aufgabe der Produzenten und Händler – und richtungsgebend auch der Politik – möglichst allen Bevölkerungsgruppen einen nachhaltigeren Konsum zu ermöglichen. Denn auch weniger kaufkräftige oder ökoaffine Menschen bewegt der Wunsch, nachhaltiger zu leben und zu konsumieren.“

Auch das Marktforschungsinstitut GfK hat Konsumenten befragt, ob und wie nachhaltig sie einkaufen. Laut dem aktuellen GfK Nachhaltigkeitsindex haben im Zeitraum von Januar bis April Umweltaspekte beim Einkaufen an Bedeutung wiedergewonnen. Die Mehrheit der Verbraucher ist laut dieser Studie bereit, mehr Geld für nachhaltige Produkte auszugeben. Allerdings kaufen viele Bioprodukte preisbewusster als bisher ein, indem sie etwa zu Handelsmarken der Discounter greifen. Auch die GfK kommt zum Fazit, dass vor allem Menschen mit höheren Budgets nachhaltig einkaufen.