So wird Mehrweggeschirr eine saubere Lösung
16.02.2023 Retail Artikel

So wird Mehrweggeschirr eine saubere Lösung

Seit 1. Januar 2023 müssen gastronomische Betriebe für Speisen und Getränke zum Mitnehmen Mehrweggeschirr anbieten. Für kleinere Gaststätten mit weniger als 80 Quadratmetern Fläche gibt es Ausnahmen. Die Mikrobiologin Prof. Dr. Marion Stoffels-Schmid erläutert, was unter hygienischen Gesichtspunkten bei Mehrwegbehältern beachtet werden muss.

Seit 2023 gibt es die Mehrwegspflicht für die Gastronomie. Seit 1.1. 2023 müssen gastronomische Betriebe auch Mehrwegbehälter anbieten.
„Ganz eindeutig sind Glas und Porzellan die hygienischsten Varianten. Aber über den Erfolg von Mehrweg entscheidet der Komfort. Nur wenn es uns bequem genug ist, entscheiden wir uns beim Bestellen oder Abholen für die Mehrweg-Variante“, so Prof. Dr. Marion Stoffels-Schmid, Mikrobiologin an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, gegenüber foodservice.

Damit der Verzehr aus Mehrwegbehältern risikofrei ist, muss das Geschirr nach dem Reinigen vor allem trocken sein. „Das ist das A und O“, sagt die Hygiene-Expertin. Das „H und H“ dazu lautet: Kein Handspülen und kein Handabtrocknen. Beides seien absolute Don’ts. Kunststoff könne nicht wie Glas und Porzellan die Hitze vom Spülen zum Trocknen „nutzen“, daher würden Becher teils nicht vollständig trocken. Viele greifen zum Tuch und trocknen nach oder räumen feucht auf. Das könne hygienisch bedenklich sein, erklärt Stoffels-Schmid. Zudem sei das Komfortplus „leicht“ beim Spülen ein Malus: Die federleichten Mehrwegbecher müssen beim Spülen fixiert werden. Kippen sie, sammeln sie Spülwasser statt zu trocknen.

Neue Studien sind nötig


Bereits 2019 hat die Mikrobiologin die Studie „Überprüfung der Oberflächenkeimzahl auf durch gewerbliche Spülmaschinen behandeltem Spülgut“ durchgeführt. Dazu haben sie und ihr Team in Betrieben in und um München rund 1.000 Proben nach dem Spülen analysiert, um Kunststoff und Glas/Porzellan zu vergleichen. Fazit: Nicht nur bei Kunststoff ist höchste Achtsamkeit in puncto Hygiene geboten. Auch bei Glas, wo sich etwa Lippenstiftreste besonders hartnäckig halten können, ist es ratsam, sich an gelernte Abläufe beim Spülen akribisch zu halten – nicht erst seit Corona. „Einhundert Prozent keimfrei ist nicht möglich“, betont Stoffels-Schmid. „Rückstände in Haarrissen, die wir nicht sehen können, sind gering und werden bei der Nutzung durch die Speisen maximal verdünnt.“ Wichtig ist es ihrer Ansicht nach aber, zeitnah Studien an gebrauchtem Kunststoffgeschirr durchzuführen. „Es macht einen Unterschied, ob ich mit Stäbchen oder Löffel daraus esse, oder ob ich in einem Salat mit der Gabel feste zustechen muss oder sogar mit dem Messer schneide.“ Das gehe auch an den besten Materialien wie Polypropylen (PP), Melamin oder Polyoxymethylen (POM) nicht spurlos vorüber. Eine Angabe von „übersteht 200, 500 oder 1.000 Spülgänge“ sei daher nur als Anhaltspunkt zu sehen. Entscheidend sei für die Abnutzung und eventuelle Hygienerisiken letztlich der Gebrauch. „Da stehen Studien einfach noch aus.“

Expertin fordert eigene Norm für Kunststoffbecher

„Entscheidend sind immer Restschmutz, Keimmenge, Trockengrad und Lagerverhältnisse, damit sich Mikroorganismen auf dem Geschirr nicht vermehren“, erläutert die Expertin. „Sind die Behälter weitestgehend trocken und so geformt, dass auch gestapelt noch die Luft zirkulieren kann, ist das Risiko sehr gering.“ Würden aber Behälter mit Haarrissen feucht und warm eng gestapelt, vermehren sich geringe Mengen an Mikroorganismen. „Meines Erachtens müssen wir für Kunststoffbecher und Co unbedingt eine eigene Norm erarbeiten.“ Aktuell werde nicht unterschieden, wobei wissenschaftlich nicht begründbar sei, warum die Anforderungen bei Kunststoff niedriger sein sollten.