Nicht nur eine Geschmackssache: Wein in der Papierflasche
24.05.2023 New Creations Innovative Processes Artikel

Nicht nur eine Geschmackssache: Wein in der Papierflasche

Bei den PAC Global Awards für innovative Verpackungen in New York wurden sie bereits ausgezeichnet, jetzt füllen die ersten Papierflaschen mit italienischem Wein die Regale in Deutschland.

Die Firma Heinz Hein aus Wiesbaden importiert den Wien „Cantina Goccia“ aus Italien in einer neuartigen Verpackung aus Papier. Die Firma Heinz Hein aus Wiesbaden importiert den Wein „Cantina Goccia“ aus Italien in einer neuartigen Verpackung aus Papier.

Wein in Papierflaschen? Ja, das gibt es. Die Firma Heinz Hein aus Wiesbaden importiert den Rebensaft „Cantina Goccia“ aus Italien in einer neuartigen, nachhaltigen Verpackung. „Dem Winzer und uns sind Nachhaltigkeit sehr wichtig. Deshalb war es nur konsequent, nach einer Alternative zu suchen, die keinen so großen ökologischen Fußabdruck hinterlässt wie die Glasproduktion, die allein viel Wasser verbraucht“, erklärt Silvia Miebach, Inhaberin von Heinz Hein. Mit 82 Gramm sei die Papierflasche fünf Mal leichter als eine Glasflasche. Sie enthalte 77 Prozent weniger Kunststoff als herkömmliche Kunststoffflaschen. Eine floral gemusterte Außenhülle aus 94 Prozent recycelter Pappe schmücke das Produkt. Innenliegendes PET schütze davor, dass die Papierverpackung aufweicht. „Insgesamt liegt der Carbon Footprint laut dem Hersteller Frugalpac sechs Mal niedriger als der von Glasflaschen“, ergänzt Silvia Miebach.

Innovation in der Weinbranche

Das Recycling-Prinzip der Papierflasche ist bereits von Milchprodukten wie Joghurt bekannt: Nach Verzehr wird die äußere Hülle abgezogen und kommt in das Altpapier, die innere Verpackung in die gelbe beziehungsweise Wertstofftonne. „Das ist die größte Innovation der Weinbranche seit langem. Steigende Preise und Lieferschwierigkeiten von Glas sind mittlerweile ein Problem. Daher sind wir umso froher, hier eine viel bessere, umweltfreundliche Lösung gefunden zu haben“, so Miebach.

Verbraucherstudie

Konsumentinnen und Konsumenten in Deutschland halten Verpackungen aus Papier für besonders umweltfreundlich. Dennoch stehen sie innovativen Produkten wie etwa Flaschen auf Papierbasis eher skeptisch gegenüber. Das zeigt eine aktuelle Studie der Universität Bonn und des Forschungszentrums Jülich. Für die Untersuchung wurden fast 3.000 Frauen und Männer aus ganz Deutschland befragt.

Ein zentrales Ergebnis der Studie: Verpackungen auf Papierbasis bekamen im Schnitt deutlich bessere Umwelt-Noten als solche aus Biokunststoff. Herkömmliche Kunststoffverpackungen schnitten an diesem Punkt am schlechtesten ab. Zwar waren die Befragten misstrauisch, was die Praktikabilität der Papier-Behälter anging. Allerdings hielten sie sie für durchaus geeignet, weiches Obst wie Beeren beim Transport vor Schäden zu schützen.

Darüber, wie nachhaltig Biokunststoff oder Kartonflaschen wirklich sind, sagt die Studie übrigens nichts aus. „Zu den neuen Verpackungen gibt es zum Teil noch gar keine Daten“, erklärt Janine Macht, Doktorandin am Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik der Universität Bonn, die auch Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich „Sustainable Futures“ der Universität Bonn ist. Ohnehin sei es schwierig, die Ökobilanz pauschal zu bewerten. Ob etwa Kunststoff aus nachwachsenden Rohstoffen wirklich nachhaltig ist, hänge von vielen Faktoren ab: Woher die Ausgangsstoffe stammten oder ob für die Produktion wertvolle Agrarfläche geopfert wurde, was dann zur Rodung weiterer Wälder führen könne. Wie gut kompostierbar und recycelbar der Kunststoff ist, sei ein weiterer Faktor.

Ähnlich sei es mit papierbasierten Verpackungen: Auch ihre Herstellung verbraucht Ressourcen und Energie – je nach Produktionsort und -methode mal mehr, mal weniger. „Grundsätzlich ist es sicher am besten, auf Verpackung möglichst zu verzichten“, betont die Wissenschaftlerin. „Das geht aber nicht immer. Flüssigkeiten benötigen einen Behälter, in dem man sie aufbewahren kann. Früchte wie Himbeeren würden ohne schützende Verpackung den Transport zum Händler oder auch vom Supermarkt nach Hause nicht unbeschadet überstehen.“