Nachhaltige Verpackungen in der Automobilbranche
03.03.2023 Industry Artikel

Nachhaltige Verpackungen in der Automobilbranche

Verpackungen in der Autoindustrie haben einen wichtigen Anteil am CO2-Ausstoß der Branche. Mehrweg wird wichtiger, aber auch Einweglösungen werden immer effizienter.

Ziel der Verpackungslösung von Mondi ist es, die empfindlichen MKC1-Bremskraftverstärker von Continental während des Transports zu den Volvo Cars-Werken in aller Welt zu schützen. Ziel der Verpackung von Mondi ist es, die empfindlichen MKC1-Bremskraftverstärker von Continental während des Transports zu den Volvo Cars-Werken in aller Welt zu schützen.
Wer die Autoindustrie nachhaltig aufstellen will, muss auch an die Supply Chain denken. Nach Schätzungen der Londoner Non-Profit-Organisation Carbon Disclosure Project entstehen hier rund 18 Prozent der CO2-Emissionen der Branche. Zudem fallen bei der Automobilproduktion erhebliche Abfallmengen an. Ein durchschnittliches Auto enthält rund 10.000 Teile. Oft werden die Teile in unterschiedlichen Gegenden der Welt produziert und müssen erhebliche Wege transportiert werden, wofür Verpackungen gebraucht werden. Diese müssen häufig bestimmten Anforderungen entsprechen, etwa Schutz vor Stößen oder Korrosion, Transport von sichtempfindlichen Teilen aber auch prozessoptimierte Entnahmemöglichkeiten in der Massenproduktion. „Diese Anforderungen können es schwierig machen, Verpackungen zu finden, die nachhaltig und gleichzeitig leistungsfähig genug sind“, sagt Jan Oppermann, Head of Sustainability Practice bei der Logistikberatung 4flow. 

Neue Lösungen sind also gefragt. Auf den ersten Blick liegen Mehrwegverpackungen vorne. Produzenten von Einwegverpackungen wenden allerdings ein, dass für lange Transportwege Kartons am nachhaltigsten seien. Sie sind in der Regel leicht recyclebar, bestehen aus nachwachsenden Rohstoffen und müssen nicht mehr weitertransportiert werden, wenn sie ihre Aufgabe erfüllt haben.

Mehrweg oder Einweg? Es kommt darauf an

Johannes Fottner ist Professor für Technische Logistik an der Technischen Universität München und arbeitet unter anderem im Bereich der Kreislaufwirtschaft. Ob Mehrweg oder Einweg nachhaltiger ist, kommt aus seiner Sicht ganz auf die jeweiligen Umstände an. „Ohne Euro-Paletten und ohne den ISO-Standard Container wäre der globale Handel gar nicht möglich. Und das sind offensichtlich Mehrwegverpackungen.“ Andererseits habe es keinen Sinn, Mehrwegverpackung leer erst wieder um die halbe Welt zu verschiffen, um sie wiederzuverwenden. „Kein Schiff nimmt 23.000 leere Container mit zurück.“ Wer Kreislaufwirtschaft wolle, benötige ein koordiniertes System. 

Andererseits reiche einfache Kartonage bei vielen Transportgütern oft nicht aus. „Man denke an Stoßstangen, dafür braucht man stabile Sonderladungsträger“, sagt Fottner. Und auch das Argument, bei einer Einwegverpackung entfalle der weitere Transport nach der Nutzung, lässt der Professor so nicht gelten. Der Karton selbst werde zwar nach dem Gebrauch entsorgt. Das heiße aber nicht, dass er nicht weitertransportiert werden müsse. „Das Recycling findet ja nur in den seltensten Fällen vor Ort statt.“ Für das Recycling sei außerdem sehr viel Wasser und Energie erforderlich. 

Den Wertstoff-Kreislauf mitdenken

Für Johannes Fottner ist klar: Der Wertstoff-Kreislauf muss bei der Logistik mitgedacht werden. Wie kann es mit der Verpackung beim Empfänger der Lieferung weitergehen? Kann sie werthaltig weitergenutzt werden? „Sobald weniger Ressourcen zur Verfügung stehen, wird sich das auch auf den Preis auswirken, so dass die Wirtschaftlichkeit von Mehrwegverpackungen weiter steigt“, sagt Fottner.

Ein Ansatz ist das Pooling von Verpackungen, das in der Automobilindustrie zunehmend genutzt wird. Dabei wird dieselbe Verpackung immer wieder dem Kreislauf zugeführt und kann von unterschiedlichen Firmen genutzt werden. Diese Prozesse selbst zu übernehmen, ist für viele Hersteller und Zulieferer allerdings zu aufwändig. Deshalb haben sich bestimmte Dienstleister darauf spezialisiert, Mehrwegverpackungen für die Automobilindustrie zur Verfügung zu stellen. Die Verpackung wird beim Empfänger der Ware vom Dienstleister abgeholt, gesäubert und gegebenenfalls repariert und dann wieder dem Kreislauf zugeführt. 

Innovationen bei Konstruktion und Material

Aber auch die Einwegverpackung macht große Entwicklungssprünge: Ein Beispiel ist etwa die mit dem Innovationspreis Wellpappe prämierte Brakebooster Box von Mondi Wellpappe Ansbach. Durch die besondere Konstruktion können bei gleichem Materialeinsatz anstatt 12 nun 18 Bremskraftverstärker verpackt werden. Das spart Material und Transportfahrten. 

Für Jan Oppermann von der Logistikberatung 4flow gibt es bei Einweg noch viel Potenzial. Um mehr Nachhaltigkeit zu erzielen, könnten etwa leichtere Materialien genutzt werden: „Beispielweise reduziert Pappe statt Metall oder Holz bei gleicher Stabilität das Gewicht und damit die Emissionen.“ Füllmaterial könne durch verbesserte Verpackungsgeometrie oder aufblasbares Innenpolster beseitigt werden. Zudem sollte verstärkt daran gearbeitet werden, Einwegverpackungen gezielt weiterverwenden zu können – in anderen Bereichen oder Branchen. Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Herkunft von Materialien. Hier könne etwa über Papier aus nachhaltiger Waldwirtschaft nachgedacht werden. 

Mehrwegverpackungen betreffend, sieht Oppermann viele Vorteile bei Verpackungen aus Expandiertem Polypropylen (EPP), insbesondere wenn es um empfindliches Transportgut geht. „Das Material besteht zu 96 Prozent aus Luft und ist damit auch noch sehr leicht“, sagt Oppermann. „Es ist ideal geeignet für eine Mehrwegtransportverpackung, weil nahezu eine dauerhafte Nutzung möglich ist, auch unter härteren klimatischen Bedingungen.“ Zudem sei EPP zu 100 Prozent recyclebar.