Less is More: Trend auf der BIOFACH
20.02.2023 Innovative Processes Artikel

Less is More: Trend auf der BIOFACH

Der Trend „Less is more“ prägt immer stärker die Verpackungsbranche. Wie stark die Minimierung der Umweltauswirkungen und die Reduktion der Verpackungen inzwischen im Fokus stehen, haben gerade wieder die Messen BIOFACH und VIVANESS in Nürnberg gezeigt. Vor Ort war auch Carolina Schweig. Die renommierten Marktexpertin ordnet für FACHPACK360° die aktuelle Entwicklung ein, die Newcomer ebenso bewegt wie etablierte Unternehmen.

Auf der BIOFACH gab es jede Menge Neuheiten und Verpackungstrends für Bio-Lebensmittel zu sehen. Auf der BIOFACH wurden viele Neuheiten und Verpackungstrends für Bioprodukte präsentiert.
Tradition und Moderne, Pioniere und Newcomer trafen sich vom 14. bis 17. Februar im Messezentrum Nürnberg auf der BIOFACH, Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel und VIVANESS – Internationale Fachmesse für Naturkosmetik. Einer der prägenden Trends der beiden Messen kann unter dem Schlagwort „Less is more“ zusammengefasst werden: Der Trend zur Reduktion, der beispielsweise dazu führt, dass im Bereich Naturkosmetik vieles in Weißglas präsentiert wird. Weniger Unternehmen als noch vor einem Jahr scheinen dagegen auf Holz, Kork und organisch gefüllte Biokunststoffe zu setzen. Die Diplom-Ingenieurin und Verpackungsexpertin Carolina Schweig hat auf der Fachmesse viele Ersatzmaterialien gesehen. „Faserstoff, mit den wildesten Beschichtungen, und Weißglas, teilweise weiß besprüht – die Glasindustrie und die Papierindustrie wird mit diesen Konzepten ihre „liebe Not“ haben. Was davon wirklich recycelfähig ist, wage ich nicht zu bewerten.“
Angesichts möglicher Probleme mit innovativen Verpackungslösungen setzen viele Unternehmen auf Bewährtes. Der „Proof of Concept“ ist nun einmal ein erheblicher Vorteil angesichts einer zunehmend kritischeren Öffentlichkeit, von privaten Verbrauchern bis hin zu Umweltschutzverbänden. Was schon im Einsatz ist, von Tuben und Weißglasflaschen bis hin zu PET-Flaschen mit Dispensern, bleibt gesetzt und wird teilweise mit nachhaltigen Attributen ergänzt. Eine Auslobung als FSC-Zertifizierung auf einen Kartion mit FSC-Mix-Materialien nennen skeptische Beobachter als Beispiel. „Die wirklichen Innovationen“, meint Schweig mit Blick auf die Naturkosmetik, „gab es vor 3 bis 4 Jahren mit den Trockenprodukten: Zahnpastapulver, feste Dusche, festes Shampoo, teilweise mit Re-Fill-Optionen.“ Diese Trends werden zwar noch weiter bespielt, doch laufe die Naturkosmetik der konventionellen Kosmetik und Clean Beauty ein wenig hinterher. Zum Teil, kritisiert die Branchenkennerin, seien sogar Mindeststandards noch nicht bekannt, und es würden eigene Labels kreiert, die „irgendetwas von recycelbar“ darstellen sollen.

Glas in allen Farben 

Im Segment der Bio-Lebensmittel umfassen die Nachhaltigkeits-Aktivitäten inzwischen nahezu alle Stufen der Lebensmittelherstellung – von klimafreundlichem Anbau über Kreislaufwirtschaft bis hin zur ressourcenschonenden Verarbeitung und Verpackung. Gerade im Verpackungsbereich zeigt die Branche aus Sicht der Messe-Beobachterin einen überragenden Trend: „Glas, Glas, Glas!“. Aus der Schweiz und Österreich kommen noch Produkte in Grünglas und Braunglas, die anderen Länder bleiben dagegen weitgehend bei Weißglas. Zu erkennen sind zudem Papierkaschierungen und Papierverpackungen sowie der verstärkte Einsatz von Aluminium-Deckeln. Doch nur wenige Hersteller trauen sich nach Meinung von Schweig, wirklich minimierte Kunststoffverpackungen – wie etwa Flowpacks – einzusetzen. So gehe es mehr darum, einen bestimmten „Code“ zu erfüllen, als eine geeignete Verpackung einzusetzen. „Ein großes Weckglas passt mehr zum aktuellen Code als ein Stabilosil-Beutel aus Mono-Material.“ Der wachsende Marktanteil vegetarischer und veganer Ernährung schlägt sich ebenfalls sichtbar auf die verwendeten Verpackungsmaterialien nieder. Viel Glas und Papier beziehungsweise Faserstoff findet Verwendung – doch Druckfarben und Kleber sowie Beschichtungen werden selten thematisiert. Im Bereich der Biolebensmittel fällt beim Messebesuch auf, mit welcher Kreativität eigene Ökolabels für die Verpackung entwickelt werden. „Das Design wird bunt, fast amerikanisch!“
Über allem anderen stehe in diesem Jahr jedoch eine Thematik: Die Druckbilder werden, getrieben von großen Drogerieketten – umgestellt. Der Grund sei die öffentliche Attacke des Vereins Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen Green Labeling und Greenwashing, die viele vorsichtig werden lasse. Das allzu forsche Ausloben eines Produktes oder einer Verpackung als „klimaneutral“ oder gar „klimapositiv“ sei durchaus gefährlich, laute die Erkenntnis – und das gelte eben auch für Naturkosmetik und Naturkost.