Schweizer Verpackungsbranche im Spannungsfeld von Globalisierung und Regionalität
01.09.2023 Look into Europe Länder-/Marktbericht

Schweizer Verpackungsbranche im Spannungsfeld von Globalisierung und Regionalität

Geprägt durch eine Mischung aus Resilienz und Innovationskraft, navigiert die Schweizer Verpackungsbranche durch globale Herausforderungen wie die Corona-Pandemie und geopolitische Spannungen. Doch wie steht es um die Zukunftsfähigkeit im Hinblick auf Fachkräftemangel, steigende Betriebskosten und Nachhaltigkeit?

Die Umrisse der Schweiz in Rot mit einem zentralen weißen Kreuz, das die Landesflagge repräsentiert. Insgesamt zeichnet sich die Schweizer Verpackungsindustrie durch eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber konjunkturellen Schwankungen aus.

Die Schweizer Verpackungsindustrie ist dank ihrer Mischung aus großen multinationalen Unternehmen und kleineren, spezialisierten Firmen breit aufgestellt. Einige der wichtigsten Akteure haben ihren Sitz in der Schweiz oder sind hier stark vertreten. Die Nähe zu wichtigen Märkten wie der Europäischen Union ist ein weiterer Vorteil der Eidgenossen. Denn obwohl die Schweiz nicht Mitglied der EU ist, hat sie mit der Union zahlreiche Abkommen geschlossen, die den Handel erleichtern. Die Harmonisierung der Verpackungsnormen mit denen der EU ist daher von großer Bedeutung. Schließlich ist auch die Schweiz keine Insel und bleibt von globalen Entwicklungen nicht unberührt. Dies hat sich gerade in Zeiten von Krisen wie der Corona-Pandemie oder dem Krieg in der Ukraine gezeigt.

Eine Umfrage des Schweizerischen Verpackungsinstituts im zweiten Halbjahr 2022 zeichnete daher ein gemischtes Bild der Verpackungsindustrie in unserem Nachbarland. So konnten die Unternehmen zwar die Probleme der internationalen Lieferkette gut überstehen – aber nur, wenn sie in der Lage waren, genügend Rohstoffe zu beschaffen. Und das war nur durch enge internationale Beziehungen möglich. Dennoch planen laut Umfragen rund 15 Prozent der Unternehmen, ihre Produktion aus dem Ausland wieder in die Schweiz zu verlagern.

 

Licht und Schatten

Insgesamt zeichnet sich die Schweizer Verpackungsindustrie durch eine hohe Resilienz gegenüber konjunkturellen Schwankungen aus, wie Umfragen aus den Jahren der Corona-Krise und des Ukraine-Krieges zeigen.

So gaben in der letzten Umfrage 42 Prozent der Unternehmen an, dass ihr Personalbestand gleich geblieben ist, während 37 Prozent sogar Personal aufgebaut haben. Nur 21 Prozent mussten Personal abbauen. Zudem bilden 60 Prozent der Unternehmen derzeit neue Mitarbeiter aus. Die Kapazitätsauslastung hat sich im Vergleich zum Vorjahr verbessert. Aktuell erreichen rund 71 Prozent der befragten Unternehmen eine Auslastung von bis zu 100 Prozent, im Vorjahr waren es 47 Prozent. Knapp 30 Prozent der Unternehmen melden sogar eine Überauslastung und setzen zusätzliche Sonderschichten ein. Diese Daten deuten auf eine hohe Auslastung für das Jahr 2023 hin. Was die finanzielle Situation betrifft, so verzeichneten 47 Prozent der Unternehmen steigende Umsätze, 37 blieben auf gleichem Niveau und nur 16 Prozent mussten Umsatzrückgänge hinnehmen. Im Jahr 2021 gaben noch 77 Prozent der befragten Verpackungsunternehmen steigende Umsätze an. Die Verschlechterung ist laut dem Schweizerischen Verpackungsinstitut auf den Kostendruck durch steigende Rohstoff- und Energiepreise zurückzuführen. 

Eine Verlangsamung des Wachstums zeigt sich auch bei den Auftragsbeständen. Ende 2022 berichten nur noch 40 Prozent der Unternehmen von steigenden Auftragsbeständen, im Vorjahr waren es noch 74 Prozent. Bei den Gewinnen verzeichneten rund 37 Prozent der Unternehmen einen Anstieg, während der Rest entweder gleichbleibende oder rückläufige Gewinne meldete. 

Trotz der Herausforderungen durch steigende Rohstoffpreise und Energiekosten bleibt der Fachkräftemangel das Hauptproblem der Schweizer Verpackungsbranche. 25 Prozent der Unternehmen sehen darin ihre größte Sorge. Mehr als zwei Drittel der Unternehmen haben Schwierigkeiten, geeignetes Personal für offene Stellen zu finden. Dieses Problem teilen die Schweizer mit anderen europäischen Nationen wie Deutschland und Grossbritannien.

 

Widerstandsfähig trotz Herausforderungen

Obwohl die Schweiz nicht Mitglied der EU ist, ist die Politik bestrebt, die nationale Verpackungsgesetzgebung an die EU-Standards anzugleichen, um einen reibungslosen Handel mit dem Ausland zu gewährleisten. Im Gegensatz zu den Regelungen in den Nachbarländern gibt es in der Schweiz jedoch keine umfassende Verpackungsverordnung und keine allgemeinen Vorschriften zur Deklaration oder Besteuerung von Verpackungsmaterialien. Eine Ausnahme bilden Getränkeverpackungen aus Glas, für die eine vorgezogene Entsorgungsgebühr erhoben wird. Darüber hinaus gibt es in der Schweiz keine gesetzlichen Vorgaben zur Kennzeichnung von Verpackungen hinsichtlich ihrer Entsorgung oder Verwertung. Symbole wie der Grüne Punkt verlieren daher in der Schweiz an Bedeutung, dürfen aber beim Import beibehalten werden. Der Verein Swiss Recycling (Dachverband der schweizerischen Recycling-Organisationen) bietet freiwillige Piktogramme zur Kennzeichnung von Wertstoffen und Entsorgung an. Unter dem Dach des Vereins arbeiten mittlerweile 70 Organisationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von Herstellern, Markeninhabern und Händlern bis hin zu Recyclern und Entsorgern – an einer Kreislaufwirtschaft für Kunststoffverpackungen und Getränkekartons. Aktiv beteiligt sind unter anderem die Einzelhandelsunternehmen Aldi, Coop, Denner, Lidl und Migros. Auch das Schweizerische Verpackungsinstitut als wichtigster Branchenverband unterstützt die Pläne.

Künftig soll ein schweizweit einheitlicher Sammelsack mit identischen Farben, Größen und Botschaften angeboten werden. Zudem werde ein einheitliches Preissystem für die ganze Schweiz geprüft, teilte Swiss Recycling mit. Die Finanzierung des Sammel- und Recyclingsystems soll durch Sackgebühren, Abgaben des Handels und Recyclingerlöse sichergestellt werden. Damit wären alle Kosten von der Sammlung über die Sortierung bis zum Recycling gedeckt. Bis 2030 sollen so Recyclingquoten von 55 Prozent bei Kunststoffverpackungen und 70 Prozent bei Getränkekartons erreicht werden.

 

Initiativen und Zukunftspläne

Die Schweizer Verpackungsindustrie ist robust und diversifiziert und profitiert von der Nähe zur EU. Trotz globaler Herausforderungen wie der Corona-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine zeigt sich die Branche widerstandsfähig, insbesondere in Bezug auf Auslastung und Umsatz. Dennoch stehen die Unternehmen vor großen Herausforderungen wie dem Fachkräftemangel und der Rohstoffbeschaffung. Trotz fehlender gesetzlicher Umweltstandards gibt es bemerkenswerte Initiativen für mehr Nachhaltigkeit. Für eine erfolgreiche Zukunft müssen die strukturellen Herausforderungen bewältigt und die Anpassung an ökologische und globale Standards vorangetrieben werden.