„Funktionierende Kreislaufwirtschaft ist Voraussetzung für Klimaschutz“
13.11.2023 Frauen in der Verpackungsindustrie Insights Interview

„Funktionierende Kreislaufwirtschaft ist Voraussetzung für Klimaschutz“

Klimaschutz funktioniert nur mit einer effektiven Kreislaufwirtschaft, sagt die Umweltingenieurin Felicitas Frick, Senior Consultant in der Abteilung Kreislaufwirtschaft und Ressourcenmanagement bei der Ramboll Deutschland GmbH. Recycling sei nur ein Mittel für mehr Nachhaltigkeit. Wichtig sei es, Verpackungsmaterial ressourcenschonend einzusetzen und auch über Reduktion nachzudenken. Das Interview mit der Expertin ist ein neuer Teil der Reihe "Frauen in der Verpackungsindustrie."

Die Umweltingenieurin Felicitas Frick ist Senior Consultant in der Abteilung Circular Economy and Resource Management bei Ramboll Deutschland GmbH. Die Umweltingenieurin Felicitas Frick ist Senior Consultant in der Abteilung Circular Economy and Resource Management bei Ramboll Deutschland GmbH.

Sie beraten und begleiten bei Ramboll Industrieunternehmen, zum Beispiel Hersteller von Markenartikeln und Verpackungen. Was sind die Anliegen Ihrer Kunden?

Frick: Die Industriekunden, die wir beraten, haben viele Fragen zu den Anforderungen an Verpackungen und zu den Verpflichtungen, die den Herstellern auferlegt werden, wie z. B. Designanforderungen. Wir begleiten Unternehmen auch bei strategischen Planungen unter Berücksichtigung politischer Trends. In einem Projekt stand ein Schmuckhersteller vor der Frage, wie recyclingfähig die Verpackung für seine Produkte in Zukunft sein sollte. In einer individuellen Analyse haben wir uns angeschaut, welche rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen so eine Verpackungsumstellung hat. Neben längerfristigen Projekten bearbeiten wir auch ad-hoc Compliance-Anfragen von Kunden.

Gibt es angesichts des politischen Drucks derzeit mehr Handlungsbedarf in Sachen nachhaltiger Verpackung?

Ja, absolut. Die Hersteller werden mehr in die Pflicht genommen, sich mit ihren Verpackungen zu beschäftigen. Das sehen wir in dem aktuellen Vorschlag für die neue EU- Verpackungsverordnung und seit dem Jahr 2022 greift auch die EU-Taxonomie-Verordnung, die ein wichtiger Baustein des Green Deals ist.

Es wird in Zukunft nicht nur politischen, sondern auch finanziellen Druck geben, auf recyclingfähigere Verpackungen umzustellen. In Frankreich zahlen bereits heute die Unternehmen je nach Recyclingfähigkeit ihrer Verpackungen unterschiedlich hohe Lizenzentgelte an die Dualen Systeme. Solche Kostenmodelle sollen in allen EU-Ländern eingeführt werden.

Abfallwirtschaft ist auch eines Ihrer Kernthemen. Welche Rolle spielt dies derzeit?

Besonders bei Verpackungen ist das Thema Kreislaufwirtschaft essenziell, da die wichtigsten Funktionen einer Verpackung wie etwa der Transport- und Produktschutz, die Hygiene und die Marketingbotschaft eigentlich direkt nach dem Kauf ihre Funktion verlieren und die Verpackung zu Abfall wird.

Verpackungen sind daher ein guter Start, um sich mit seinem Produkt insgesamt nachhaltiger aufzustellen. Es ist beispielsweise herausfordernder ein komplettes pharmazeutisches Produkt auf Nachhaltigkeit umzustellen, als erstmal die Verpackung anzugehen. Wenn man nicht sicher ist, wie und ob man eine Verpackung umstellen sollte, ist es ratsam eine Ökobilanzierung durchzuführen – auch um dem Vorwurf von Greenwashing entgegenzuwirken. Mir der vorgeschlagenen EU Green Claims Richtlinie wird das Thema auch nochmal brisanter werden.
Zurzeit erhalten wir von unseren Kunden viele Anfragen zu den Pflichten, die mit den dualen Systemen in ganz Europa verbunden sind. Die dualen Systeme für Verpackungen sammeln und recyclen Verpackungen im Auftrag der Hersteller. Die genauen Regelungen dazu variieren aber pro Land. Viele unserer Kunden sind international aufgestellt sind und wollen sichergehen, dass sie die jeweiligen nationalen Regelungen einhalten. Zudem überlegen einige Hersteller, ob es sich lohnt, eigene Rücknahmesysteme aufbauen, um sich direkten Zugriff auf Kunststoffrezyklate zu sichern. Mit über 17.000 Mitarbeitenden weltweit, können wir als Ramboll schnell solche europaweiten und internationalen Fragen klären.

Was sagen Sie zu den aktuellen Recycling-Produkten, die in allen Branchen auf dem Markt sind?

PET ist ein Kunststoff, der bereits sehr weit in der Kreislaufführung ist. Besonders das Bottle-to-Bottle-Prinzip ist ein Erfolgsmodell. Ich mache mir Sorgen, dass gut funktionierende Kreisläufe unterbrochen werden, wenn Rezyklate aus Verpackungen in anderen Produkten genutzt werden. Wenn beispielsweise ein Pullover aus PET-Fasern hergestellt wird, ist es wahrscheinlich, dass er nach der Nutzung entsorgt und verbrannt wird. Die PET-Fasern sind somit dem Recycling-Kreislauf entzogen. Ich kann nachvollziehen, dass sich auch die Textilbranche nachhaltiger aufstellen möchte und muss, aber ein wichtiger Baustein der Kreislaufwirtschaft ist es auch immer das System ganzheitlich zu betrachten. Im Einzelfall kann auch für solche Entscheidungen eine Ökobilanz helfen.

Was kann für mehr Klimaschutz getan werden?

Die Kreislaufwirtschaft ist ein wichtiges Instrument  für den Klimaschutz und für die Dekarbonisierung unserer Wirtschaft, da sie unter anderem vorsieht, verantwortungsvoller mit Ressourcen umzugehen. Das wird auch angesichts von Ressourcenknappheit und fragilen Lieferketten immer wichtiger. Recycling ist ein Baustein der Kreislaufwirtschaft, das im besten Fall zu Emissionsminderung beiträgt und somit die Lücke zur Klimaneutralität und Dekarbonisierung schließen kann. Es müssen aber auch anderen Strategien der Kreislaufwirtschaft, wie zum Beispiel Wiederverwendung oder die Vermeidung von Materialien betrachtet werden. Es kann zum Beispiel geprüft werden, ob eine zweite äußere Verpackung weggelassen werden kann, wenn die innere schon ausreicht.

Zur Person: Felicitas Frick (29) hat an der RTWH in Aachen Umweltingenieurwissenschaften studiert und sich während ihres Masters in die Recyclingtechnologie vertieft. Während ihres Studiums hat sie als Werkstudentin bei der Ingenieurgesellschaft HTP GmbH & Co. KG gearbeitet und dort bei der Planung für Sortieranlagen für Leichtverpackungen technische Erfahrungen gesammelt. Bei der Ramboll Deutschland GmbH arbeitet Sie in der Abteilung für Circular Economy and Resource Management am Standort Frankfurt.

Weiterführende Informationen: Ressourcenmanagement und Kreislaufwirtschaft – Ramboll group