Volkswagen Konzern stellt Verpackungen um
15.09.2023 Retail Brands Industry Look into Europe Artikel

Volkswagen Konzern stellt Verpackungen um

Der Volkswagen-Konzern, einer der weltweit größten Automobilhersteller, hat auch in Sachen nachhaltige Verpackungen ehrgeizige Ziele. Im Gespräch mit FACHPACK360° erklären die Verpackungs- und Logistikexpertinnen der Marken Audi und Porsche, wohin die Reise geht.

Die Logistikexpertinnen von Porsche und Audi, Theresa Prestel (links) und Carolin Rauch, zeigen, wie mehr Bauteile mit weniger Verpackungsmaterial in einer Mehrwegbox transportiert werden können. Die Logistikexpertinnen von Porsche und Audi, Theresa Prestel (links) und Carolin Rauch, zeigen, wie mehr Bauteile mit weniger Verpackungsmaterial in einer Mehrwegbox transportiert werden können.

„Die Ansprüche an den Produkt- und Transportschutz der einzelnen Bauteile für Automobilhersteller wie Audi und Porsche sind in den vergangenen Jahren stetig gewachsen“, sagt Audi-Logistikerin Carolin Rauch. Damit dadurch nicht der Bedarf an Verpackungsmaterialien unnötig in die Höhe schnellt, arbeiten Verpackungsexperten aller Marken des Volkswagen Konzerns seit 2019 im Strategiekreis „No Plastics“ zusammen. Sie entwickeln nachhaltige und effiziente Verpackungskonzepte, deren Umsetzung sie steuern. Audi beispielsweise konnte so – nach eigenen Angaben – in enger Zusammenarbeit mit den Bauteillieferanten an den weltweiten Standorten bis 2022 bereits mehr als 550 Tonnen Kunststoffabfall pro Jahr einsparen.

Zulässige und unzulässige Materialien

Verbundmaterialien sowie eine Reihe von Kunststoffen wie PP oder PVC, Styropor, Formschaumteile oder Luftpolsterfolien sollen bei der nächsten Ausschreibung für Bauteile neuer Fahrzeugmodelle als Verpackungsmaterial ausgeschlossen werden. Stattdessen sind Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen wie Papier, Pappe oder Kartonage erwünscht. Ziel ist, durch die Verwendung von ausschließlich recycelbarem Material eine Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen.

In einem entsprechenden Lastenheft können aktuelle und potenzielle unmittelbare Zulieferer die Liste der zulässigen und unzulässigen Materialien und Kunststoffe einsehen. „Wir stehen derzeit in engem Kontakt mit unseren direkten Lieferanten und besprechen diese Listen im Detail“, so Carolin Rauch, Teamkoordinatorin Sustainable Supply Chain bei Audi. Die Maßnahmen griffen zwar erst in drei bis vier Jahren, aber jetzt gelte es, die gesammelten Erfahrungen und Kenntnisse zu analysieren und festzuschreiben. „Wir können und wollen das nur gemeinsam mit den unmittelbaren Zulieferern machen, denn sie sind die Experten für die Bauteile“, betont Theresa Prestel, Verpackungstechnikerin bei Porsche. Neben dem Lastenheft erhalten die Lieferanten ein kurzes Video, das die neuen Guidelines des Automobilkonzerns erklärt.

Enge Zusammenarbeit mit den Lieferanten

„No Plastics“ bedeute aber nicht, dass Kunststoff gänzlich als Verpackungsmaterial wegfalle, sondern der Kunststoffabfall deutlich reduziert werde, ergänzt Prestel. Denn nicht immer ließen sich Kunststoffe durch beispielsweise Karton ersetzen. „Wir haben mit unseren Entsorgern gesprochen und geschaut, welche Materialien sortenrein gesammelt und recycelt werden können. Darauf basieren unsere Forderungen nach alternativen Verpackungen.“ Bei empfindlichen Elektronikkomponenten und Teilen, die im Sichtbereich des Kunden verbaut werden und deshalb eines erhöhten Kratzschutzes bedürfen, seien farblose PE-Folien nach wie vor zulässig. Auch stehe der Produkt- und Transportschutz der Bauteile weiterhin an vorderster Stelle und erlaube für Sonderfälle Ausnahmen. „Es kann sein, dass die gleichen Bauteile in verschiedenen Verpackungen geliefert werden, weil sie auf unterschiedlichen Transportwegen unterwegs sind“, erklärt Rauch. Daher tauschen sich die Verpackungsexperten der Automarken regelmäßig mit den Logistikern im Konzern aus, um auch beim Transport eine Ressourcenreduzierung zu erzielen.

Da viele Bauteile aus Übersee kommen, bleibt dies eine Herausforderung. Einfacher dagegen ist der Schritt, Verpackungsmaterial zu reduzieren. So reicht es künftig aus, wenn bei bestimmten Produkten wie zum Beispiel Blenden für Innenräume nur jedes zweite Bauteil in der konzerneigenen Mehrwegkiste mit einer Folie umwickelt wird. Mehrwegkisten werden bereits seit Jahren beim Automobilbauer verwendet. Durch intelligente Tracking-Systeme werde mit diesen smarten Behältern Zeit und Energie gespart. Insgesamt, so denken Rauch und Prestel, sei der Volkswagen Konzern mit den bestehenden und geplanten Nachhaltigkeitsschritten gut für die Zukunft aufgestellt.

Beispiele gebe es reichlich: So würden bei Audi Kunststofffolien aus der Montage zu Abfallsäcken verwertet und anschließend am Standort genutzt. Und am Standort Neckarsulm würden aus Verpackungsabfällen 3D-gedruckte Hilfsmittel für die Fahrzeugproduktion hergestellt. In Kurzform: Verpackungen, die zum Schutz von sensiblen Bauteilen – wie Lautsprechern und Sensoren – im Einsatz sind, würden sortenrein gesammelt. Mit speziellen Anlagen würden diese sogenannten Kunststoffblister zu Granulat geschreddert und getrocknet. Aus diesem Granulat stelle Audi dann Filament her. Dies ist das Ausgangsmaterial für die 3D-Drucker, mit denen das Expertenteam passgenaue Montagehilfen für die Fahrzeugproduktion herstellt.