Verbände wehren sich gegen die Novelle des Verpackungsgesetzes
30.08.2023 Sustainability New Paths Design Artikel

Verbände wehren sich gegen die Novelle des Verpackungsgesetzes

Das Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (BMUV) hat einen Entwurf für Änderungen des Verpackungsgesetzes vorgelegt, doch die Verbände der Verpackungsindustrie wehren sich gegen die Novelle. Sie fürchten unter anderem einen nationalen Alleingang und fordern eine gesamteuropäische Lösung.

Das Bundesumweltministerium will die Recyclingfähigkeit von Verpackungen steigern. Das Bundesumweltministerium will die Recyclingfähigkeit von Verpackungen steigern.

Seit Anfang 2023 sind Verpackungsindustrie und Gastronomie durch das in Kraft getretene neue Verpackungsgesetz überwiegend zum Einsatz von Mehrwegverpackungen im To-Go-Bereich verpflichtet. Ziel der Maßnahme des BMUV war die Steigerung der Mehrwegquote, nun plant die Behörde den nächsten Schritt. Mit der dritten Version des Verpackungsgesetzes kommt es zu einer Verschärfung der Bedingungen und Regeln, um den Anteil vom Sommer 2025 an noch deutlicher zu erhöhen. Nach dem Entwurf besteht in Zukunft für Supermärkte und Discounter die Pflicht eines gleichzeitigen Angebotes von Ein- und mindestens einer Mehrwegverpackung für Getränke. Weiterhin soll von 2025 an die Rückgabe der Mehrwegflaschen in Geschäften, die Getränke anbieten und über eine Verkaufsfläche über 200 Quadratmeter verfügen, möglich sein. Darüber hinaus gilt die Mehrwegangebotspflicht bei To-Go-Produkten dann nicht nur für Einwegkunststoff, sondern für alle Materialien. Für den Verzehr vor Ort sollen ausschließlich Mehrwegverpackungen angeboten werden, ausgenommen wären nur kleine Unternehmen wie Kioske oder Imbisse mit einer Fläche von bis zu 80 Quadratmetern.

Verbände lehnen nationalen Alleingang ab

Acht Verbände aus der Verpackungsindustrie sowie der Lebensmittelverband Deutschland weisen in einer gemeinsamen Erklärung auf nach ihrer Einschätzung starke Belastungen für die betroffenen Unternehmen hin und wollen den vorgelegten Entwurf in dieser Form verhindern. Für sie kommt der Vorschlag zur „Unzeit“, ein deutscher Alleingang führe zu zusätzlichen Risiken für die deutsche Wirtschaft. Zurzeit liefen aber die Verhandlungen für die EU-Verpackungsrichtlinie, die ab 2025 in Kraft treten solle. „Regelungen zu treffen, die in anderthalb Jahren durch eine einheitliche europäische Gesetzgebung wieder zurückgenommen werden könnten, birgt die Gefahr einer nach außen übereilt und kurzfristig wirkenden Politik“, meint Karsten Hunger, Geschäftsführer des Industrieverband Papier- und Folienverpackung. „Ein jetziger deutscher Alleingang wird den Unternehmen der gesamten Lieferkette zusätzliche Belastungen bringen und schränkt die Wettbewerbsfähigkeit weiter ein“, ergänzt Dr. Sieglinde Stähle vom Lebensmittelverband. Nach Angaben des Ministeriums komme es nicht zu einem nationalen Alleingang, die Pläne und Entwürfe seien mit den Gremien in Brüssel abgestimmt.

Verlagerung der Umweltauswirkungen befürchtet

Einen weiteren Kritikpunkt listet die IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen auf, denn es gebe kein Material, das per se nachhaltig sei. „Wer einseitig nur Einwegprodukte aus Kunststoff reduziert, sorgt für ein Ausweichen auf andere Einwegverpackungen und verlagert damit lediglich die Umweltauswirkungen“, so IK-Geschäftsführerin Isabell Schmidt. Die vermeintliche ökologische Vorteilhaftigkeit von Mehrwegverpackungen im Getränkesektor sei nicht in einer aktuellen Ökobilanz untersucht worden. Von Seiten des BMUV heißt es dazu, dass eine solche Ökobilanz zu einem enormen bürokratischen Aufwand führe, denn für den Vergleich müsse diese für jede einzelne Verpackung erstellt werden. Es gehe aber nicht um eine bestimmte Verpackung, sondern um die Reduzierung des gesamten Verpackungsmülls. Das Ziel der Einwegkunststoffrichtlinie sei eine wirksamere Umsetzung des Artikels 4, der die Mitgliedstaaten bis zum Jahr 2026 zu einer signifikanten Minderung des Verbrauchs bestimmter Einwegkunststoffprodukte verpflichte. Das BMUV wolle ökologisch vorteilhafte Mehrwegverpackungen fördern. Damit werde auch ein wichtiges Ziel des Koalitionsvertrages und die konsequente Vermeidung von Abfällen vorangetrieben. Dazu gehöre auch die Ausweitung der Pfand- und Rücknahmesysteme. Insgesamt liege der Mehrweganteil bei Getränken nur bei 43,1 Prozent, die im Verpackungsgesetz festgelegte Zielvorgabe von 70 Prozent werde damit deutlich verfehlt.

Vorteile beim Recycling der Verpackungen

Bezüglich der Frage des Recyclings von Verpackungen sieht der Bundesverband der Systemgastronomie Deutschland in einer guten Position. Markus Suchert, Hauptgeschäftsführer des Verbands, fordert eine weitere Stärkung dieses Wirtschaftskreislaufs. „Deutschland ist Spitzenreiter beim Recycling von Verpackungen und sollte diesen erfolgreichen Wirtschaftskreislauf weiter stärken.“ Die Verbraucher hätten die entsprechenden Lösungen akzeptiert. Auch sei der pauschale ökologische Vorteil der Wiederverwendung gegenüber dem Recycling bereits mehrfach widerlegt worden, heißt es von Seiten der Verbände. Reinigen und Trocknen der Behältnisse führe zu einem hohen Verbrauch von Wasser und Energie. Wesentlich sei ein möglichst geringer ökologischer Fußabdruck, wobei eine bestmögliche Funktionalität der Verpackung innerhalb des kompletten Kreislaufs bestehen solle.