Picken, packen, palettieren – alles voll automatisch
07.07.2023 Industry Artikel

Picken, packen, palettieren – alles voll automatisch

Noch wird in den allermeisten Lagern weltweit „von Hand“ gearbeitet. Doch Roboter übernehmen immer mehr Aufgaben – vom Verpacken und Entpacken bis zum Beladen der Lkw. Dafür sorgt unter anderem der Automatisierungsdienstleister Trapo.

Das autonome „Truck Loading System“ des Herstellers Trapo übernimmt den Transport der automatisch palettierten Ware bis in den Lkw an der Rampe. Das autonome „Truck Loading System“ des Herstellers Trapo übernimmt den Transport der automatisch palettierten Ware bis in den Lkw an der Rampe.

In der neuen Produktions- und Lagerhalle des Jermi Käsewerks im oberschwäbischen Laupheim fahren keine Gabelstapler, Ameisen oder Rollis mehr umher. Stattdessen bringen autonome Transportroboter die unterschiedlichen Käse zu einzelnen Produktionsinseln, wo sie entsprechend verpackt oder mit den passenden Etiketten versehen werden. Auch den Transport der automatisch palettierten Ware bis in den Lkw an der Rampe übernimmt ein autonomes „Truck Loading System“. Dieses stammt vom Hersteller Trapo aus Gescher westlich von Münster, der die neuen Hallen bei Jermi maßgeblich ausgestattet hat.

Für Stefan Kurtenbach, Entwicklungschef bei Trapo, sind derlei integrierte Robotersysteme die Zukunft – egal ob in der Käseproduktion oder im Amazon-Lager. Transportroboter seien zwar nicht unbedingt schneller als ein Staplerfahrer, der sich oft genug „an den Grenzen der Physik“ bewege, sagt der promovierte Ingenieur. Ihr Vorteil sei jedoch, dass sie „zuverlässig und immer verfügbar sind“ – und damit erheblich effizienter. Zudem eliminieren sie die nicht zu unterschätzende Unfallgefahr des Staplerverkehrs. Bei Jermi flitzen derzeit mehrere der firmeneigenen Trapo Transport Shuttles und ein Lkw-Belader vom Typ TLS3600 durch die Halle. Letzterer wurde erst kürzlich für seine Innovation ausgezeichnet: Der Fahrer meldet sich nur noch an der Rampe über einen Touchscreen an, schon fährt der Roboter los.

Bislang sind derlei automatisierte Lager die Ausnahme. Die TLS-Serie etwa hat Trapo erst in den vergangenen beiden Jahren entwickelt und kürzlich freigegeben. Da stehe der Markt ganz am Anfang, weiß Kurtenbach „Vermutlich haben wir hier noch für Jahre oder gar Jahrzehnte zu tun.“

Kommissionierung mittels automatischer Pick- und Pack-Systeme dagegen ist im Lager mittlerweile gängig. „Wobei dies nicht bedeutet, dass sie nicht herausfordernd ist“, so der Manager. Denn für jede Anwendung müssen individuelle Greifer entwickelt werden, die ein „sicheres Konnektieren“ ermöglichen. Ob ein Produkt etwa klassisch gegriffen, geklemmt, gesaugt oder auch magnetisch konnektiert wird, entscheidet sich individuell. Und manchmal müssen auch ganz besondere Lösungen her. So habe man einmal für das automatische Picken, Packen und Palettieren empfindlicher Keramikfilter sorgen müssen, erzählt Kurtenbach – „und zwar 900 Stück pro Minute“. Da konnten weder Greifbacken noch Saugnäpfe eingesetzt werden. Letztlich habe man eine Lösung zum Ansaugen mit hohem Volumenstrom entwickelt, „ein bisschen vergleichbar mit einem Staubsauger“.

Besondere Anforderungen stellt auch die Pharmaindustrie, für die Trapo einige Lösungen entwickelt hat. Hier müssen etwa Ampullen zum Befüllen gebracht und depalettiert werden. Vor allem aber müssen die Umgebungen häufig steril sein und Reinraum-Anforderungen erfüllen. Dann müsse man Antriebe und Bänder kapseln, so dass nirgendwo Abrieb austreten könne, erläutert Kurtenbach.

Und wie stellt sich der Experte das Lager der Zukunft vor? Kann die Automatisierung hier noch weiter gehen? „Der wichtigste Antrieb für alle Innovationen in diesem Bereich ist es, Lager flexibler zu machen“, ist der Experte überzeugt. Bisher seien diese maßgeblich geprägt durch feste Regalflächen sowie definierte Wege und Abläufe. Vor allem letztere könnten durch flexiblere Transportsysteme aufgebrochen werden – „ob Magnetschwebebahnen unter der Decke oder ein Schwarm von Drohnen“, blickt Kurtenbach in die Zukunft.

Zunächst aber will Trapo den Erfolg der automatischen Lkw-Beladung wiederholen – und zwar für Pakete. Bislang funktioniert diese nämlich nur mit Paletten. Doch das Be- und Entladen von Paketen sei ein ebenso wichtiger Markt. „Jedes einzelne Paket, das Sie irgendwo online bestellen, wird bislang von Hand ein- und ausgeladen“, sagt Kurtenbach, „oft mehrfach“. Keine Frage, dass Roboter hier für reichlich Entlastung sorgen könnten.

Trapo existiert bereits seit 1957 und produziert am Hauptstandort in Gescher mit 180 Mitarbeitern auf 13.000 Quadratmetern Produktionsfläche. Weitere Standorte gibt es in der Nähe von Venedig sowie in Atlanta.