Nachhaltigkeit in der Lieferkette: Rolle von Zulieferern rückt stärker in den Fokus
24.07.2023 Industry Sustainability Artikel

Nachhaltigkeit in der Lieferkette: Rolle von Zulieferern rückt stärker in den Fokus

Die vom Europäischen Parlament Ende 2022 genehmigte CSRD-Berichterstattung fordert von großen Unternehmen detailliertere Nachhaltigkeitsberichte. Das betrifft unweigerlich auch die Umweltauswirkungen und den CO2-Fußabdruck der Versand- und Transportverpackungen von Zulieferern des verarbeitenden Gewerbes.

Industrielager mit unterschiedlichen Verpackungsarten Die Verpackung von Rohstoffen, Verbrauchsmitteln und Werkzeugen hängt stark von der Art des Produkts und den Anforderungen des Herstellers ab.

Im November letzten Jahres verabschiedete das Europäische Parlament die CSRD-Berichterstattung („Corporate Sustainability Reporting Directive“). Damit weitet die EU die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Zuge des Übergangs zu einer grünen und nachhaltigen Wirtschaft offiziell aus. Die neuen Regeln, die große Unternehmen befolgen müssen, sehen vor, dass in Zukunft eine größere Anzahl von Unternehmen detailliertere Nachhaltigkeitsberichte vorlegen muss. Viele Unternehmen wollen darüber hinaus ihre komplette Unternehmensaktivität klimaneutral aufstellen. Diese Bemühungen beziehen die gesamte Lieferkette mit ein und damit auch die Verpackung der gelieferten Produkte. Zulieferer von produzierenden Unternehmen sind also unter Zugzwang, die Nachhaltigkeit sowie den CO2-Fußabdruck ihrer Versandverpackungen zu verbessern.

Das produzierende Gewerbe umfasst Sektoren, die vor allem durch maschinelle Produktion, Arbeitsteilung und Fertigung größerer Stückzahlen gekennzeichnet sind. In Deutschland ist der Straßenfahrzeugbau mit 21,7 Prozent die größte Branche innerhalb des verarbeitenden Gewerbes. Mit einigem Abstand folgt die Chemische und Pharmazeutische Industrie (11,1 Prozent), der Maschinenbau (10,4 Prozent) und die Elektro- und Digitalindustrie (9,6 Prozent).

Diese Unternehmen sind auf eine Vielzahl von Ausstattern und Zulieferern angewiesen, um effektiv zu funktionieren. Das reicht von Rohstoffen, Teilen und Anlagen bis hin zu Werkzeugen, Reinigungs- und Schmiermitteln. Die Verpackung dieser Rohstoffe, Verbrauchsmittel und Werkzeuge kann sehr unterschiedlich sein und hängt stark von der Art des Produkts und den Anforderungen des Herstellers ab.

 

Rezyklateinsatz verkleinert den CO2-Fußabdruck

Als größte Branchen im produzierenden Sektor benötigen der Fahrzeug- und Maschinenbau konstant Nachschub. Viele dieser Produkte, insbesondere größere oder schwerere Artikel, werden auf Paletten geliefert, oft mit Schrumpf- oder Stretchfolie umwickelt, um sie während des Transports zu sichern. Während es bei Paletten bereits seit Langem ein ausgeklügeltes Mehrwegsystem gibt, besteht bei Stretchfolien noch erhebliches Potenzial zur Verbesserung der Umweltbilanz.

Einer der größten europäischen Transport- und Logistikdienstleister DSV ist deshalb auf der Suche nach einer nachhaltigen Alternative zu LDPE-Stretchfolie. Mittlerweile ist es dem Unternehmen gelungen, den Folienverbrauch zu reduzieren, indem es Folien mit 11 µm statt 17 µm zu verwendet. Außerdem lassen sich die Verpackungsmaschinen so konfigurieren, dass sie weniger Folie verbrauchen, was zu einer Materialeinsparung von bis zu 75 Prozent führt. Wenn Bestellungen in Teile aufgeteilt werden müssen, verwendet der Konzern zudem Gitterboxen statt Folien. Andere Unternehmen greifen auch auf biologisch abbaubare Stretchfolien oder Folien mit einem höheren Rezyklatanteil zurück.

Viele Rohstoffe erreichen Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe darüber hinaus in Big Bags, FIBCs (Flexible Intermediate Bulk Containers) oder Fässern und Trommeln. Diese Gebinde sind stabil und damit für die mehrfache Verwendung optimal geeignet. Big Bags und FIBCs sind flexible Taschen aus einem starken Kunststoffgewebe. Deshalb lohnt sich auch hier der Blick auf die Materialzusammensetzung. Big Bags und FIBC Bulk Bags sind beispielsweise mit einem Rezyklatanteil von 30 Prozent erhältlich – das verbessert die CO2-Bilanz erheblich.
Auch kleine Gebinde werden überdacht

Die fertigende Industrie ist außerdem auf Verbrauchsteile und vor allem Werkzeuge angewiesen, die sich abnutzen und regelmäßig nachgeliefert werden müssen. Bei CNC-Maschinen sind das unter anderem Fräser, Bohrer und Wendeschneidplatten. Diese hochwertigen Werkzeuge kommen von spezialisierten Werkzeugherstellern und in Verpackungen, bei der die Schutzfunktion und weniger die Nachhaltigkeit im Vordergrund stand. Der Werkzeughersteller Seco ist deshalb nun auf Produktverpackungen aus Recyclingmaterial umgestiegen. Der Zerspanungsspezialist hat angekündigt, bis 20230 eine 90-prozentige Kreislaufquote und bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Die neu eingeführten Boxen für Wendeschneidplatten bestehen aus recyceltem Kunststoff, der zum Großteil in Privathaushalten als Verpackungsplastik entsorgt wurde. Im Jahr 2024 soll der Bedarf an fabrikneuem Kunststoff im Vergleich zu 122 Tonnen in 2021 um etwa 99 Tonnen beziehungsweise 81 Prozent gesenkt werden. Wie das Unternehmen betont, nimmt dabei die Dekarbonisierung der Lieferketten eine Schlüsselrolle ein. In die gleiche Kerbe schlägt der Mitbewerber Ceratizit. Um Versandverpackungen aus Kunststoff mit einem Rezyklatanteil von 100 Prozent anbieten zu können, arbeitet der Werkzeughersteller mit Rose Plastic zusammen, einem Weltmarktführer in der Herstellung von Kunststoffverpackungen für Werkzeuge.

Die Elektroindustrie ist ebenso wie der Fahrzeug- und Maschinenbau auf hochwertige Elektronikteile angewiesen. Damit diese sicher ankommen, werden sie beispielsweise in Kartons mit zusätzlicher Schutz- und Primärverpackung auf den Weg gebracht. Hier lohnt es sich nach Materialalternativen und Möglichkeiten für die Reduktion des Verpackungsvolumens zu suchen. Denn durch die Verringerung des Volumens lassen sich die für den Transport anfallenden CO2-Emissionen drastisch senken.

 

Wiederverwendung und Reduktion für eine bessere Nachhaltigkeitsbilanz

Neben Rohstoffen und Werkzeugen benötigen produzierende Unternehmen verschiedenste Verbrauchsmaterialien und Produktionsmittel. So läuft ohne Schmier- und Reinigungsmittel in der Fertigung nichts. In der Metallverarbeitung müssen beispielsweise die Werkzeuge und bearbeiteten Teile konstant gekühlt werden. Diese speziellen Kühl- und Schmierstoffe werden meist in Fässern angeliefert. Eine Wiederverwendung der Gebinde ist bei diesen Produkten wie auch bei anderen chemischen Erzeugnissen nicht ganz so einfach. Der schwäbische Anbieter von Schmierstoffen, Druckfarben und Industriechemie, Zeller+Gmelin, hat sich deshalb die sogenannte Rekonditionierung gebrauchter Fässer und IBCs auf die Fahnen geschrieben. Hierbei werden die Gebinde gereinigt und wieder für den Gebrauch instand gesetzt. Auf diese Weise haben die Schmierstoffexperten allein im Jahr 2020 durch den Einsatz von rekonditionierten Verpackungen 3.608.448 Kilogramm CO2 im Vergleich zu Neuware gespart. Ein Vorteil, der sich auch in den Nachhaltigkeitsberichten der Kunden auszahlt.

 

Zulieferer und Kunden profitieren

Mit der Verabschiedung der CSRD-Berichterstattung durch das Europäische Parlament rücken Nachhaltigkeitsberichte und umweltfreundlichere Lieferketten noch stärker in den Fokus produzierender Unternehmen. In Deutschland haben Branchen wie der Fahrzeugbau und Maschinenbau begonnen, umweltbewusstere Praktiken umzusetzen. Durch die Reduktion der Verpackungsmenge, Einsatz von Rezyklat und Wiederverwendung können Ausstatter und Zulieferer ihre eigene CO2- und Nachhaltigkeitsbilanz verbessern und ihre Kunden auf dem Weg zur Klimaneutralität unterstützen.