Laub lebt weiter – in der Verpackung
Zeitungen, Bücher, Tüten, Umzugskartons: Es gibt kaum kein Papierprodukt, auf dem nicht darauf hingewiesen wird, dass es aus Altpapier hergestellt wurde. Doch das ukrainische Start-up Releaf Paper verzichtet auf Altpapier und produziert Verpackungsmaterial mit Laub als natürlichem Rohstoff.
Der Herbst steht vor der Tür, in den Städten werden die Parks, Straßen und Gärten in den kommenden Wochen wieder mit Laub, das frisch von den Bäumen gefallen ist, übersät. Die Bediensteten der Grünflächenämter laufen mit ihren Laubbläsern durch die Städte, das Laub wird gesammelt und abtransportiert. In den meisten Fällen landen die Blätter in den Kompostieranlagen. Das Start-up Releaf Papers aber leitet das Laub auf dem Weg in den Kompost um und hält den natürlichen Rohstoff weiter im Kreislauf. Auf Grundlage einer Technologie, die einer der Unternehmensgründer, Valentyn Frechko, entwickelt hat, produziert das junge Unternehmen mit dem Laub Papier. Frechko begann noch als Schüler mit der Suche nach Alternativen für Zellulose und untersuchte die Fasern von Blättern. In zahlreichen Experimenten fand er heraus, dass das Laub Fasern enthält, die denen der Baumstämme und -äste entsprechen und wiederverwendet werden können. 2021 gründete er dann zusammen mit Alexander Sobolenko das Unternehmen Releaf Papers, damals noch mit dem Sitz in der ukrainischen Hauptstadt Kiew.
Bäume werden nicht gefällt
Frechko und sein Partner Alexander Sobolenko betonen, dass für die Produktion des Papiers ausschließlich gefallenes Lauf eingesetzt werde, kein einziger Baum werde gefällt. Damit wollen sie den jährlichen Anteil von rund drei Millionen Hektar gefällter Wälder weltweit senken. Auch geht es für sie darum, zu verhindern, dass das Laub verbrannt wird, denn dies produziere eine sehr hohe Zahl an Emissionen diverser Schadstoffe und Feinstaub. Für das Laub als Rohstoff fielen keine Kosten an, die CO₂-Emissionen könnten ohne den Einsatz von Chemikalien um 78 Prozent gesenkt werden. Das Laub wird dafür von den Städten angeliefert, dabei gibt es nach Sobolenkos Angaben keine Begrenzungen bei den Baumarten. In den nächsten Schritten werden die Blätter von festen Fremdstoffen gereinigt, getrocknet und granuliert. Dann folgt eine Umwandlung in eine stabile Faser, nach der Zuführung einer speziellen Reagenz werden die Papierrollen schließlich mit Papiermaschinen produziert.
Verkauf in 14 europäischen Ländern
Für die Produktion des Papiers kooperiert Releaf Papers mit Papiermühlen in Europa, primär in der Ukraine. „Die Entwicklung des Rohstoffs liegt bei uns, dann geht er an die Mühlen. Sie können dann sofort mit der Produktion beginnen, da sie keine Zusatzstoffe benötigen“, erklärt Sobolenko. „Derzeit bauen wir in Frankreich eine größere Zellstofffabrik.“ Die Lieferzeit für die bestellte Ware liege durchschnittlich bei 30 Tagen. Es gebe auch Ware, die in Europa zentral gelagert werde, da sei die Lieferung am Tag nach der Bestellung möglich. „Bislang verkaufen wir ausschließlich in Europa, wir haben Kunden in 14 Ländern von Malta bis Island“, so Sobolenko. Für das ukrainische Start-up liege der Fokus auf dem B2B-Geschäft, sie wendeten sich jetzt auch verstärkt an kleinere Unternehmen. Das Papier werde primär auf Rollen angeboten, die Wahl des gewünschten Produkts und die Produktion von Material wie Verpackungen, Papiertüten, Druckerpapier oder Mehrweggeschirr übernähmen dann die Kunden. „Die möglichen Produkte sind im Online-Shop zu sehen, wir erweitern das Portfolio ständig.“ Bei den Papiertüten liege die maximale Größe bei 380 x 320 mm, möglich seien bis zu 500 mm.
Neue Fabriken in Europa geplant
Das Unternehmen, das seine Zentrale von Kiew nach Paris verlegt hat, hat mit dem European Innovative Council Found, eine Einrichtung der Europäischen Kommission, nur einen externen Investor. Dazu kommen Unternehmen und NGOs als Sponsoren. Wenn die neue Fabrik den Betrieb aufnimmt, peilen die beiden Geschäftsführer einen Jahresumsatz von 15 Millionen Euro an. Damit soll nicht Schluss sein, denn sie planen weitere Fabriken innerhalb Europas, damit wollen sie den Umsatz in den nächsten acht Jahren auf 120 Millionen Euro steigern, berichten sie.