Neue Wege zur Fachkräftesicherung
17.03.2023 Insights New Paths Frauen in der Verpackungsindustrie Artikel

Neue Wege zur Fachkräftesicherung

Der Personalbedarf in Deutschland hat mit rund zwei Millionen offenen Stellen ein neues Allzeithoch erreicht. Speziell in der Verpackungsindustrie werden Softwaretechniker, Servicemonteure, Ingenieure und Konstrukteure sowie andere Talente gesucht. Jetzt gilt es, Frauen für MINT-Berufe zu begeistern und die gesellschaftliche Relevanz der Branche herauszustellen.

Auf der FACHPACK gibt es für Nachwuchs- und Fachkräfte viele Möglichkeiten zur Begegnung und Orientierung. Auf der FACHPACK gibt es für Nachwuchs- und Fachkräfte viele Möglichkeiten zur Begegnung und Orientierung.

Das Thema Fachkräftesicherung hat im Anlagen- und Maschinenbau oberste Priorität. Neben wirtschaftlichen Herausforderungen sehen sich die Unternehmen vor allem mit dem demografischen Wandel konfrontiert. Das Potenzial an Arbeitskräften sinkt nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung IAB allein in Deutschland bis 2035 um sieben Millionen. „Die Fachkräftesicherung hat sich zuletzt verschärft und die Unternehmen rechnen auch nicht damit, dass sich die Situation in absehbarer Zeit entschärft. Sie möchten einstellen, finden jedoch kein beziehungsweise zu wenig Personal“, analysiert Volkswirt Florian Scholl, beim VDMA Referent Volkswirtschaft und Statistik.

Im Maschinenbau fehlen weibliche Vorbilder

Durchschnittlich 3 bis 4 Monate suchen Arbeitgeber nach Fachkräften, hat das ifo-Institut herausgefunden. So lange dauert es bei mehr als einem Drittel der befragten Personalleiter von der Ausschreibung bis zur Unterschrift. Deutlich verkürzen ließe sich nach Meinung der Forscher die Zeit, wenn Unternehmen sich als Arbeitgeber positionierten, die auf Vielfalt in der Belegschaft achten. Frauen für MINT-Berufe zu gewinnen und im Unternehmen zu halten, ist daher eine drängende Aufgabe. Noch sind Ingenieurinnen im Maschinen- und Anlagenbau deutlich unterrepräsentiert, auch wenn der Frauenanteil unter den Ingenieurbeschäftigten im vergangenen Jahr auf zuletzt gut elf Prozent gestiegen ist. Die IMPULS-Stiftung des VDMA hat im Rahmen einer Studie aufgedeckt, dass Unternehmen, die Praktika, Exkursionen oder Abschlussarbeiten für Studentinnen anbieten, erfolgreicher beim Rekrutieren sind. Die befragten Studentinnen und Ingenieurinnen vermissen jedoch sichtbare weibliche Vorbilder. Unternehmen sind also in der Pflicht, solche Vorbildrollen mittels Mentoring-Programmen, Frauen-Netzwerken oder Vorträgen auf Fach- und Berufsmessen sowie an Hochschulen zu fördern. 

Verzahnung von Hochschulen und Industrie

„Es müssen mehr junge Menschen für technische Berufe und Studien gewonnen werden“, fordert auch Professor Sven Sängerlaub von der Fakultät 5 (Technische Systeme, Prozesse und Kommunikation) an der Hochschule München. Nur mit Ingenieurswissenschaften und technischem Verständnis könne die Nachhaltigkeitswende geschafft werden. „Hier finden Wertschöpfung und Veränderung statt – und das muss schon in den Schulen vermitteln werden. Das gelingt unserer und auch anderen technischen Branchen zu wenig.“ Lediglich zehn bis 20 Studenten pro Semester entschieden sich für ein Studium an seiner Fakultät. Das sei zu wenig für den Arbeitsmarkt. „Unsere Industrie schafft es nicht, die eigene gesellschaftliche Bedeutung darzustellen“, kritisiert Sängerlaub.

Verhaltenes Echo auf Gütesiegel 

An diesem wunden Punkt setzt das Packaging Valley (PV) im Südwesten der Republik an. Innerhalb des Verpackungsclusters kooperieren die rund 100 Mitgliedsunternehmen unter anderem beim Rekruting von Nachwuchs- und Fachkräften. Die Vereinigung versucht deutschlandweit, Studenten für die Region zu gewinnen und ist auf Hochschultagen und anderen Bildungsmessen präsent. Dr. Marc Funk, Geschäftsführer PV, erläutert: „Als PV greifen wir stets verschiedene HR-Themen auf und spielen diese über unsere Kommunikationskanäle und unsere Fokusgruppe Personal ins Netzwerk ein.“ Zum Beispiel das Thema Gütesiegel als Mittel zur Differenzierung im Wettbewerb um Talente: So wurde die Initiative „Great Place to Work“ ins Boot geholt, um deren Zertifizierungsansatz vorzustellen. Das Echo auf ein Gütesiegel als Aushängeschild ist im „Tal der Karrierechancen“ allerdings noch verhalten. Funk kann nur vermuten, woran diese Zurückhaltung liegen mag: „Unsere Mitglieder sind in ihrer Struktur und von der Ausrichtung her sehr heterogen. Alle eint die Aufgabe, die besten Köpfe für das Unternehmen zu gewinnen. Wie und auf welchem Wege dieses Ziel erreicht wird, liegt letztlich in der Verantwortung des einzelnen Unternehmens und ist Aufgabe der jeweiligen Personalabteilung.“

Ausländische Fachkräfte 

Für viele Betriebe ist die Suche nach Fachkräften längst zu einer existenziellen Frage geworden. Laut Fachkräftemonitoring sind 2026 etwa 240.000 Arbeitsplätze mehr zu besetzen, als Arbeitskräfte verfügbar sein werden. Eine Herkulesaufgabe, die von der Wirtschaft nicht allein bewältigt werden kann. Der jetzt gemeinsam vom Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) sowie vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Einwanderungsrechts hat daher die Zielsetzung, jährlich 50.000 ausländische Arbeitskräfte zusätzlich anzuziehen. Die Einwanderung für Bürger aus Staaten außerhalb der Europäischen Union soll vereinfacht werden. Ob dieses Vorhaben den Personalengpass in der Verpackungsindustrie lindern helfen kann, muss sich erst noch zeigen.