- 01.02.2024
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- Frauen in der Verpackungsindustrie
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Für brasilianische Verpackungsexpertin wird in Deutschland ein Traum wahr
Die Chemieingenieurin Tuany Gabriela Hoffmann forscht über biobasierte Verpackungen und die Lagerung von Obst und Gemüse. Die 29-jährige Brasilianerin arbeitet derzeit am Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) in Potsdam.


Hintergrund:
Der Verderb von Lebensmitteln hängt mit einer Veränderung des pH-Werts zusammen. Ziel einer Studie in Blumenau war es daher, eine pH-sensitive Folie zu entwickeln, die auf der Zugabe von aus Jaboticaba-Schalen extrahiertem Anthocyan zu einer biopolymeren Matrix basiert. Die Anwendbarkeit der pH-sensitiven Folie als intelligente Verpackung wurde durch Überwachung des Milchverderbs getestet.
Die Ergebnisse zeigten, dass die entwickelte Folie eine zufriedenstellende thermische Stabilität bis zu 200 °C aufweise.
Patent in Brasilien angemeldet
In einer weiteren Studie wurde Yerba-Mate-Extrakt zu einer biopolymeren Matrix hinzugefügt. Yerba Mate ist ein typisches Aufgussgetränk in Brasilien. Der Chlorophyllgehalt von Yerba Mate ist pH-empfindlich, weshalb er für die Anwendung in intelligenten pH-sensitiven Folien geeignet sei. Hoffmann hat die Mate-Folie in Brasilien als Patentanmeldung eingereicht und hofft damit auf die Marktreife ihrer Forschungen. Unterdessen forscht die 29-Jährige im Zuge ihrer Doktorarbeit seit anderthalb Jahren in der Gruppe Verpackung und Lagerung des Leibniz-Instituts für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB) in Potsdam und widmet sich dort nun insbesondere dem Themenfeld der Lagerung und Verpackung von Obst und Gemüse.
Ziel dieser Arbeitsgruppe ist es, ein integriertes System zu entwickeln, das Sensoren und mathematische Modelle kombiniert, um Verpackungs- und Lagerbedingungen für Obst und Gemüse zu optimieren. Obst und Gemüse atmen und transpirieren auch nach der Ernte weiter, verbrauchen Sauerstoff und geben Kohlendioxid, Wärme und Wasser ab. Um diese Herausforderung zu meistern und die Haltbarkeit dieser landwirtschaftlichen Erzeugnisse zu verlängern, wird in der Regel Kühlung eingesetzt. „Die derzeitigen Kühllager haben jedoch ein großes Problem, da sie oft überdimensioniert sind und im Teillastbetrieb arbeiten, was zu einer erheblichen Energieverschwendung führe. Hoffmann arbeitet derzeit an einem Projekt mit dem Namen DyNatCool. Dieses Projekt wird von der Landwirtschaftlichen Rentenbank gefördert und zielt darauf ab, die Kühlung von Apfellagern zu optimieren und den Ressourcenverbrauch sowie den Energiebedarf zu senken.
Digitaler Zwilling
Grundsätzlich sei die Kühlung eine bekannte Konservierungstechnik, es könnten jedoch auch andere Technologien eingesetzt werden, um die Lebensmittelkonservierung weiter zu verbessern. Die Integration fortschrittlicher Überwachungs- und Kontrollsysteme in Verbindung mit Datenanalyse böten „einen revolutionären Ansatz für ein präzises Energiemanagement“, so Hoffmann. Im Mittelpunkt dieser Entwicklung steht das Konzept des digitalen Zwillings, der als intelligentes Prozessüberwachungs- und -steuerungsinstrument dient und ein nachhaltiges Energie- und Qualitätsmanagement in der Branche fördert“, erklärt Hoffmann. Die Einbeziehung von Echtzeitdaten in die dynamische Steuerung von Kühllagern sei vielversprechend für datengesteuerte Verbesserungen, die das Nachernte-Management verändern und eine nachhaltigere und effizientere Lebensmittelversorgungskette ermöglichen.
Das neue Fruity-Twin-Projekt, an dem Hoffmann beteiligt ist, wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert und hat zum Ziel, die Lagerungspraktiken insgesamt zu verbessern und die Nachhaltigkeit der Lieferkette für Frischwaren durch einen datengesteuerten Echtzeitansatz zu erhöhen.
Frauenförderung führt zu Erfolg
Dass sie nun nicht mehr mit Früchten aus Brasilien, sondern Äpfeln vom Bodensee arbeite, freut Hoffmann sehr – aus ganz persönlichen Gründen: „Es war schon immer ein Traum von mir, in Deutschland zu arbeiten. Es ist ein Traum, der eng mit dem Erbe meiner Familie verbunden ist. Meine Vorfahren haben Wurzeln in Deutschland, und ich war schon immer fasziniert von der reichen Kultur und Geschichte, die zum Teil auch in meiner Geburtsstadt Blumenau in Brasilien präsent ist, die von deutschen Einwanderern gegründet wurde.“
Ein weiteres persönliches Ziel von ihr ist, junge Frauen für technische und naturwissenschaftliche Fächer und Berufe zu motivieren. Junge Frauen benötigten mehr weibliche Vorbilder in Führungspositionen, sagt Hoffmann. „Für die Zukunft der Verpackungsindustrie ist es von entscheidender Bedeutung, das Potenzial und den außergewöhnlichen Beitrag von Frauen zu erkennen. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Förderung von Vielfalt und Integration nicht nur ein moralisches Gebot ist, sondern auch ein strategischer Vorteil, der Innovation und Erfolg fördert“, sagt sie.