Welche Verpackungsvisionen haben Zukunft?
19.02.2023 Design Artikel

Welche Verpackungsvisionen haben Zukunft?

Verpackung steht unter enormem Druck, sich zu verändern. Da es im Moment noch keinen Königsweg gibt, muss sich die Branche neue Pfade trampeln. Henning Schmidt, Geschäftsführer vom Honeypot Designstudio der Taste GmbH, greift in seinem Vortrag auf der FACHPACK 2022 wichtige Trends auf.

Henning Schmidt von tast spricht auf der FACHPACK. Henning Schmidt ist Geschäftsführer vom Honeypot Designstudio und spezialisiert auf Verpackungsdesign.

Während der Corona-Pandemie sind die Vorteile von Verpackungen, im Hinblick auf Hygiene und den sicheren Transport, wieder mehr in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Inzwischen fordern aber neue Krisen zur Einsparung von Ressourcen auf – nicht zuletzt die über allem stehende Klimakrise. Darauf muss Verpackung Antworten liefern, sagt Henning Schmidt. So sei in Zeiten von Rohstoffknappheit ein ressourcenschonenderes Verpackungsdesign wirtschaftlich sinnvoll. Außerdem würden die Unternehmen damit auch beim Verbraucher punkten. Denn nachhaltiges Bewusstsein hat sich vom individuellen Lifestyle zur gesellschaftlichen Bewegung gewandelt. Schon alleine um wettbewerbsfähig zu bleiben, gilt es also, nachhaltige Strategien zu implementieren.

Wie geht Verpackung nachhaltiger?

Verpackung wird nach Ansicht von Schmidt zwar nie komplett nachhaltig sein, aber durch ständige Anpassungen und Optimierungen können Verpackungshersteller die Umwelt- und Klimaeinflüsse immer weiter reduzieren. Dass daran kein Weg vorbeiführt zeigt ein Blick auf die Wünsche der Verbrauch: drei Viertel der Deutschen wünschen sich nachhaltige Verpackungen, betont Schmidt. (Quellen: Statista 2021, Foodreport 2023)

Für die 55 Prozent der Konsumente bedeutet Nachhaltigkeit dabei, dass Verpackung biologisch abbaubar ist. 53 Prozent legen Wert auf die Verwendung recycelter Materialien und 46 Prozent auf recycelbare Materialien.

Trotzdem bring der nachhaltige Einkauf für Konsumenten noch Hürden mit sich. Zum einen ist das der höhere Preis. Zum anderen ist der Trend zu Convenience ungebrochen, steht aber häufig in Konkurrenz zur Nachhaltigkeit. Beides lässt sich verbinden, sollte laut Schmidt aber immer dem Ziel von Vermeiden, Vermindern und Verbessern unterwerfen.

Viele Hersteller zeigen, wie das geschehen kann. Besonders für tierische Lebensmittel sind zwei Verpackungen im Handel erfolgreich, wie Schmidt anhand einiger Beispiele demonstriert: Monomaterialien und hybride Verpackungen. Durch Monomaterialien lässt sich Kunststoff einsparen, ohne den Hygienefaktor zu beeinträchtigen. Diese Verpackungen bestehen zu 95 Prozent aus einem Hauptmaterial, aus dem bei der Wiederverwendung hochwertiges Rezyklat gewonnen werden kann. Hybride Verpackungen wiederum sind mit einer dünnen Kunststoffbeschichtung über dem Karton versehen, die sicher stellt, dass die Qualität der Ware nicht verloren geht. Kunststoff und Papierkomponenten lassen sich leicht voneinander trennen und getrennt entsorgen. So können 50 bis 75 Prozent an Kunststoff eingespart werden.

 

Was funktioniert bereits in der Praxis?

Eine biobasierte Alternative stellen kompostierbare Verpackungsfolien aus Zellulose dar. Diese Folien setzt beispielsweise Nucao für seine Schoko- und Müsliriegel ein. Die kunststofffreie Verpackung soll sich laut Schmidt nach 180 Tagen im Kompost vollständig zersetzen und passt damit in das Geschäftskonzept des „grünen“ Food-Start-ups aus Leipzig.

Auch Grasverpackungen sind im Markt bereits angekommen und werden insbesondere von Rewe forciert. Das Material ist schon seit 2017 für Bio-Obst und -Gemüse im Einsatz und hat sich als alltagstauglich erwiesen: Es wird von den Kunden akzeptiert und führt nicht zu Qualitätseinbußen. 

In den Startlöchern stehen derweil Verpackung aus Algen. Die entsprechenden Verfahren durchlaufen derzeit aber noch Optimierungsprozesse für die industrielle Herstellung. Das Material sei aber vielversprechend, so Schmidt.

Dass Papier durchaus das Potenzial hat, neue Anwendungen zu erobern, zeigt Frosta mit dem ersten Papierbeutel für die Tiefkühltruhe. Die Verpackungen sind ungebleicht und unbeschichtet. Sie sind aber trotzdem resistent gegen Feuchtigkeit. 

Je nach Anwendung ist Papier aber nicht unbedingt immer die nachhaltigere Alternative. Oft sind die Herstellungsprozesse für Kunststoffverpackungen ressourcenschonender als jene für vergleichbare Produkte aus Papier. Es gilt also zu differenzieren und Verpackungen weiterhin individuell zu betrachten. Ausgangspunkt des Designs bleibt das Produkt und dessen Anforderungen. Hersteller müssen sich bewusst sein, dass es nicht die eine nachhaltige Lösung geben wird: Verpackung bleibt ein Optimierungsprozess ohne finales Ende.

Den kompletten Vortrag von Henning Schmidt auf der FACHPACK 2022 können Sie sich in diesem Video noch einmal ansehen.

 

Vortrag von Henning Schmidt auf der FACHPACK 2022 

Henning Schmidt von taste spricht auf der FACHPACK 2022.

Henning Schmidt, GF Honeypot, auf der FACHPACK 2022