Mehrweg erreicht das Retail Marketing
03.03.2023 New Paths Artikel

Mehrweg erreicht das Retail Marketing

Die Megatrends Nachhaltigkeit und Digitalisierung werden auch im Retail Marketing deutlich. Klassische Display-Aufsteller sollen durch Mehrweg-Systeme ersetzt werden. Und die Grenzen zwischen Regalwerbung und Digital Signage verschwimmen.

Die Megatrends Nachhaltigkeit und Digitalisierung werden auch im Retail Marketing deutlich. Die Megatrends Nachhaltigkeit und Digitalisierung werden auch im Retail Marketing deutlich.

POS Tuning und Eco Retail dürften wissen, dass sie sich unter Umständen in der Verpackungsindustrie unbeliebt machen. Die Ladenausstatter haben es sich zum Ziel gesetzt, die klassischen Aufsteller im Einzelhandel auf Mehrwegsysteme umzustellen, wie auf der „Euroshop 2023“ zu sehen war. Bisher dominieren Einwegsysteme.

Die Mehrweg-Warenträger „POS T. Rex“ von POS Tuning sind „eine disruptive Innovation“, wie die stellvertretende Marketing-Leiterin Maren Brettmeier sagt. Die dunkelgrauen, nach vorne hin offenen Kunststoff-Behälter mit 60 mal 40 Zentimetern Grundfläche und 17,5 bis 27,5 Zentimetern Höhe sind dafür gedacht, bereits in den Werken der Industrie befüllt und fertig zum Aufstellen an den Handel geliefert zu werden.

Sind sie leer, werden sie zum Wiederbefüllen zurückgeschickt. Ein automatischer Hubwagen, den das Unternehmen ebenfalls zeigte, kann nachts leere Kisten ins Lager fahren und volle in den Laden. Die Aufgabe der Zweitplatzierung übernimmt eine „Werbe-Garage“ – ein fixer Stellplatz im Laden mit Bildschirm, der automatisch den Code der Mehrweg-Kisten ausliest und die entsprechenden Produktvideos abspielt.

Aufsteller als Pooling-System

Grundgedanke vom POS T. Rex ist ein Pooling-System, ähnlich dem für Paletten. „Das das funktioniert, zeigen Handel und Industrie schon seit Jahren“, sagt Brettmeier. Mit Eco Retail und IPP hat POS Tuning erste Partner für das Pooling gefunden.

Eco Retail hat „RUDi“ vorgestellt, das „Reusable Display“. Das sind im Wesentlichen zusammenklappbare Mehrweg-Sockel für Displays, aufmontiert auf einer Palette oder einem Dolly (Rollwagen). Auf diese Sockel lassen sich Trays der Industrie oder des Handels aufsetzen, sei es als Regal, sei es mit hängender oder selbsttragender Ware. 

Damit müssten nur noch befüllte Trays in die Märkte gebracht werden, nicht mehr komplette Displays, sagt Geschäftsführer Hajo Geugelin. Das System werde gegenwärtig in etwa 400 Märkten getestet und wird über den Pooling-Spezialisten IPP angeboten. Als nächsten Schritt plant er die Integration der Mehrweg-Warenträger von POS Tuning. „Dann fallen nur noch 70 Gramm Verbrauchsmaterial an, nämlich für das Werbeplakat an der Außenseite“, sagt er.

Digitalisierte Wobbler

Auch die Schwestergesellschaften VKF Renzel und Tronitag arbeiten daran, dass nicht mehr Werbemittel aus Papier und Pappe die Produktverpackungen in den Ladenraum verlängern, wie es zum Beispiel bewegliche Mini-Plakate (Wobbler) tun. Der digitale Wobbler von Renzel und Tronitag trägt den etwas nüchternen Namen „LCD-Bildschirm, doppelseitig“ und besteht aus Tablets, die an einer Stange über Warenauslagen montiert werden. Auf diesen beidseitigen Bildschirmen können Produktvideos gezeigt und mit Informationen zum Preis kombiniert werden, sie fungieren also gleichzeitig als elektronisches Preisschild (Electronic Shelf Label, ESL). 

In dieselbe Richtung geht Motion Display aus Schweden. Die Displays des Unternehmens bestehen aus E-Paper und können animierte Beschriftungen darstellen, vom aktuellen Werbespruch über Hinweise zur Koffein- oder Alkoholfreiheit bis zu kurzen Demos. Die Displays, deren Batterien bis zu einem Jahr halten sollen, sind so gestaltet, dass sie neben das Preisschild ans Regal passen – und sie demonstrieren, dass der Übergang zu digitalen Werbetafeln (Digital Signage) verschwimmt.

Was bedeuten diese Entwicklungen für die Verpackungsbranche? Als Anhaltspunkt mag eine Zahl diesen, die Eco Retail nennt: Es gebe jährlich 30 Millionen Einweg-Displays im deutschen, österreichischen und Schweizer Handel. Diese Zahl will das Unternehmen drastisch reduzieren, sofern sich die Systeme mit ihren Pooling-Gedanken etablieren. Das wäre durchaus ein Angriff auf etablierte Partnerschaften im Retail Marketing.