Kleinere Packungsgrößen und höhere Preise: Kaufverhalten verändert sich
20.02.2023 Retail Artikel

Kleinere Packungsgrößen und höhere Preise: Kaufverhalten verändert sich

Die Veränderung der Packungsgrößen, um den gleichen oder sogar höheren Preis zu erheben, kritisieren nicht nur Verbraucherschützer. Norma-Vorstand Gerd Köber findet solch versteckte Preiserhöhungen der Industrie gerade in Zeiten starker Inflation ein Ärgernis. Zwei aktuelle Umfragen ergeben, dass angesichts von Preissteigerungen viele Verbraucher derzeit mehr zu Eigenmarken greifen.

Verbraucherzentrale Hamburg kürte die Die Verbraucherzentrale Hamburg kürte die Mogelpackungen des Jahres 2022. Die meisten hatten ihre Verpackungen verkleinert und die Preise erhöht.
Norma-Chef Gerd Köber kritisiert das Spiel mit veränderten Packungsgrößen und fordert stattdessen eine „ehrliche Preispolitik“. „Eine ehrliche Preisgestaltung ist das A und O. Ich kann nicht die Packung klein machen und hoffen, dass es keiner merkt. Das hat bei uns keinen Erfolg“, sagte der Manager, der den Discounter seit mehr als zehn Jahren führt, gegenüber der Lebensmittelzeitung. 

Das gelte auch für Eigenmarken, bei denen Norma auch schon mit Packungsgrößen experimentiert, das jedoch schnell wieder beendet habe. Als Alternativen zu Markenartikeln ebenfalls stark nachgefragt seien regionale Produkte zum Discount-Preis. Bei diesen Artikeln zeige sich, dass Hersteller im Vergleich zu den großen Markenlieferanten eher moderate Preisaufschläge verlangten, so der Manager. 

Der Discounter hat viel Kundschaft mit begrenztem Budget. „Wenn Sie Butter über 3 Euro anbieten, ist das vielen Kunden zu teuer“, sagte Köber. Auch bei Bio-Ware sei die Kaufzurückhaltung spürbar. Werden Grenzen überschritten, wechselt der Kunde zu günstigeren Artikeln. Viele Handelsunternehmen reagieren auf die Teuerung mit extrem niedrigen Aktionspreisen bei Marken. „Die aggressive Preisgestaltung geht nicht einher mit den normalen Preiserhöhungen im Sortiment. Da verzichten die Händler gnadenlos auf Marge“, so Köber. Der Discounter sucht sich daher gezielt Artikel für das Aktionsgeschäft aus, mit denen sich auch noch Geld verdienen lässt. 

Für das aktuelle Geschäftsjahr will der Händler besonders die gestiegenen Energiepreise im Auge behalten. „Das ist ein Riesenthema. Vor fünf Jahren wurde darüber diskutiert, welches Beleuchtungskonzept gemacht wird. Jetzt zählt jede Kilowattstunde.“ Dafür werden die Prozesse in Filialen und Logistik analysiert. Norma will auch Geld für effizientere Beleuchtung ausgeben. Angesichts gestiegener Kosten amortisierten sich die Investitionen innerhalb weniger Monate.

Inflation bereitet Sorgen


Auch eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag der Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners bestätigt: Die Inflation führt dazu, dass Verbraucherinnen und Verbraucher mehr zu Eigenmarken und günstigen Handelsmarken greifen. Geplant sind laut Umfrage Einschränkungen beim Kauf neuer Kleidung (58 Prozent) sowie bei Ausgaben für Urlaub und Freizeitaktivitäten.
Die neue Studie „Nachhaltiger Konsum – In guten wie in schlechten Zeiten?“ des ECC Köln kommt zu dem Fazit: Konsumverzicht und Sparverhalten wirken sich auch auf Nachhaltigkeit aus. Die Discounter können davon profitieren. 58 Prozent der Befragten gaben an, dass eine nachhaltige Lebensweise mit den aktuellen Preiserhöhungen schwer vereinbar sei. In der Folge werde vermehrt auf den Kauf nachhaltiger Produkte verzichtet, dies gaben 30 Prozent an. Allerdings gaben rund 50 Prozent der 18- bis 29-Jährigen an, wieder mehr nachhaltige Produkte kaufen zu wollen, wenn die Preise wieder fallen.

Preissteigerungen bremsen den Trend

Fragt man Konsumenten, wer für die Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft verantwortlich ist, belegt der Sektor Hersteller und Industrie Platz eins, dicht gefolgt von Politik und Handel. Eine Wahrnehmung, die durchaus Kaufentscheidungen und Markenimage steuere und verschiedene Handlungsmöglichkeiten mit sich bringe, sagen die Studienautoren. So könnten Händler und Hersteller beispielsweise durch die Vermeidung von Plastikverpackungen sowie transparente Informationen zu Material, Herkunft und Inhaltsstoffen klare Zeichen in Richtung Nachhaltigkeit setzen.

„Händler kommen nicht mehr umhin, Nachhaltigkeit in ihrem Geschäftsmodell aktiv mitzudenken – wer jetzt nicht dabei bleibt, verliert die Konsumenten der Zukunft. Denn für die jungen Menschen ist Nachhaltigkeit nicht nur die Art und Weise des Konsumierens, sondern eine Lebenseinstellung. Und zwar auf allen Ebenen: ökologisch, ökonomisch und bei sozialen Fragen“, empfiehlt Julia Frings, Projektmanagerin am ECC Köln.