Duale Systeme: Auf dem Weg zu mehr Rezyklat
02.03.2023 Insights Artikel

Duale Systeme: Auf dem Weg zu mehr Rezyklat

Seit 1991 sammeln, sortieren und verwerten Duale Systeme Verkaufsverpackungen für Handel und Industrie – und nehmen damit eine zentrale Rolle beim Kunststoffrecycling ein. Inzwischen konkurrieren zehn Anbieter auf dem deutschen Markt.

Durch Mülltrennung sortierte Abfälle werden nach Möglichkeit sinnvoll weiterverwertet. Durch Mülltrennung sortierte Abfälle werden nach Möglichkeit sinnvoll weiterverwertet.

Die Meldung der Zentralen Stelle Verpackungsregister liest sich gut: Mit 65,5 Prozent ist die werkstoffliche Recyclingquote von Kunststoffverpackungen 2021 auf einen neuen Rekordwert geklettert. Die Quote übertrifft sogar die gesetzliche Vorgabe für das Folgejahr. Doch für die Umwelt zählt eher, wie viel Rezyklat am Ende wieder den Weg in neue Verpackungen findet. Und hier bleibt trotz Fortschritten noch Luft nach oben. 2021 lag der Anteil von Rezyklaten aus Post-Consumer-Abfällen bei Kunststoffverpackungen laut Industrievereinigung Kunststoffverpackungen (IK) bei bescheidenen neun Prozent. Die neuen EU-Vorgaben sorgen nun für Druck. Ein Mindest-Rezyklatanteil von 10 bis 35 Prozent für alle Kunststoffverpackungen bis 2030, bis 2040 von 50 bis 65 Prozent – das sei „sehr ambitioniert“, urteilt das Umweltbundesamt.

Rezyklate wieder gut verfügbar, Neuware aber billiger

Im vergangenen Jahr waren Rezyklate knapp. Zuletzt hat sich der Wind aber gedreht. „Rezyklate sind zurzeit gut verfügbar, obwohl viele Anlagen nur in Teillast fahren“, sagt Dr. Thomas Probst vom Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse).  
Allerdings ist Neuware aktuell günstiger, die Nachfrage nach Sekundärrohstoffen entsprechend gedämpft. „Das hemmt natürlich auch die Möglichkeiten, in Herstellungskapazitäten zu investieren“, so Norbert Völl, Sprecher beim Grünen Punkt. Dennoch will der Pionier unter den Dualen Systemen seine beiden Recyclinganlagen weiter ausbauen. Das Kölner Unternehmen belegt mit einem Marktanteil von etwa 17 Prozent bei Leichtverpackungen (LVP) Platz zwei hinter Branchenprimus Bellandvision. Auf zweistellige Marktanteile bei LVP kommen nur noch Reclay Systems, Interseroh+, Zentek – und Prezero, das hauseigene Duale System der Handelsgruppe Schwarz mit ihren Marken Lidl und Kaufland. 

Schwarz-Strategie scheint aufzugehen

Mit Prezero ist der Einzelhandelsriese 2020 selbst ins Versorgungsgeschäft eingestiegen. Seitdem hält die Schwarz-Gruppe sämtliche Stufen des Wertstoffkreislaufs in einer Hand. Das Konzept scheint aufzugehen. 
Das selbstgesteckte Ziel – bis 2025 sollen Eigenmarkenverpackungen aus Kunststoff zu einem Viertel aus Rezyklat bestehen – hat Lidl laut Konzernangaben mit 23 Prozent schon jetzt fast erreicht. Kaufland hat die Quote mit 29 Prozent sogar bereits übererfüllt.  Bei PET-Flaschen sei die Produktion komplett auf Rezyklat umgestellt worden, abgesehen von Etiketten und Verschlüssen.
Prezero-Mitbewerber Interseroh+ hat sich ähnlich aufgestellt. Der einstige Lidl-Partner kooperiert nun eng mit Konkurrent Aldi, der dafür der Remondis-Tochter Eko-Punkt nach nur einem Jahr wieder den Laufpass gab. „Über die  Verpackungslizenzierung hinaus bietet das duale System Interseroh+ den kompletten Wertstoffkreislauf aus einer Hand – vom recyclinggerechten Verpackungsdesign bis zu hochwertigen Rezyklaten für einen nachhaltigen Kreislauf“, so Markus Müller-Drexel, CEO von Interseroh+. Rezyklate entwickelt man im hauseigenen Kompetenzzentrum in Maribor. 

„Die Sammlung muss verbessert werden“

Also alles gut? Herausforderungen bleiben in jedem Fall. Die sieht man bei Interseroh+ unter anderem im Trend zu Verbundverpackungen, die den Sortierprozess erschweren und das Recycling zum Teil unmöglich machen würden. Der Grüne Punkt will mechanische und chemische Verfahren „intelligent kombinieren“, um mehr Rezyklat aus Kunststoffabfällen zu gewinnen.

Das Design for Recycling hält auch bvse-Experte Probst für ausbaufähig. Daneben müsse aber auch die Sammlung verbessert werden, vor allem bei Leichtverpackungen. Die LVP-Sammlung enthalte immer mehr Restmüll, begünstigt durch die Umstellung von Säcken auf Tonnen und durch Unterflurbehälter. „In eine Tonne wird eher einmal Restmüll hineingeworfen. Es sieht ja keiner.“ Die Sammlung von LVP müsse sich mit der Sammlung von Papier vergleichen lassen. „Hier besteht immer noch ein himmelweiter qualitativer Unterschied.“

Duale Systeme in Deutschland 

Vorläufige Marktanteile bei Leichtverpackungen für das 1. Quartal 2023 in Prozent
1 Bellandvision 20,4
2 Der Grüne Punkt 17,3
3 Reclay Systems 15,3
4 Prezero 12,5
5 Interseroh+ 10,6
6 Zentek 10,4
7 Landbell 6,5
8 Eko-Punkt 3,0
9 Noventiz 2,7
10 Recycling Dual 1,3

Zwischenmeldung vom 23.1.2023 mit Stichtag Mengenerhebung 16.1.2023
Quelle: Zentrale Stelle Verpackungsregister